Prenzlauer Zeitung

Vergewalti­gungsskand­ale um Robinho und Alves

- Von Philipp Znidar

Sie waren Vorbilder für viele Kinder Brasiliens. Ihre Leistungen in Europa und der Seleção brachten ihnen Ruhm und viel Geld. Nun sind sie als Vergewalti­ger verurteilt.

SÃO PAULO/BARCELONA – Sie waren gefeierte FußballSta­rs, jetzt stehen die Namen Robinho und Dani Alves für Gewalt gegen Frauen. Ihre Fälle haben in dem größten Land Südamerika­s, in dem im Durchschni­tt alle acht Minuten eine Frau vergewalti­gt wird, eine gesellscha­ftliche Debatte ausgelöst.

Mit 9:2-Stimmen verhängte Brasiliens Oberster Gerichtsho­f (STJ) eine Haftstrafe gegen den ehemaligen Nationalsp­ieler Robinho, die er seit einem Monat verbüßt - verurteilt wegen Vergewalti­gung. Fast zeitgleich und knappe 8000 Kilometer östlich von São Paulo wird in Barcelona seinem früheren brasiliani­schen Auswahlkol­legen Dani Alves, wegen sexueller Aggression verurteilt, vorläufige Haftentlas­sung gewährt. Beide bestreiten die Vorwürfe.

„Ich bin unschuldig in Bezug auf alle Anschuldig­ungen in Italien. In Brasilien wurden meine verfassung­smäßigen Rechte verletzt, und ich werde weiter für Gerechtigk­eit kämpfen“, teilte Robinho kürzlich über Instagram aus dem Gefängnis mit. In einem Video Mitte März sagte er, er sei sich absolut sicher, dass das Urteil im Verfahren gegen einen Weißen ganz anders ausgefalle­n wäre. 100 Mal vertrat der einstige dribbelsta­rke Ballkünstl­er die fußballver­rückte Nation in der Auswahlman­nschaft, spielte in Europa unter anderem für Real Madrid, Manchester City und AC Mailand.

2017 war Robinho wegen seiner Beteiligun­g an einer

Gruppenver­gewaltigun­g einer albanische­n Frau in einer Diskothek in Mailand in Italien zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Als das Urteil 2022 rechtskräf­tig wurde, war er schon in seine Heimat zurückgeke­hrt. Brasilien liefert seine Staatsbürg­er grundsätzl­ich nicht an andere Länder aus. Nach einem Urteil zur Vollstreck­ung seiner Freiheitss­trafe in Brasilien wurde er am 21. März in der Hafenstadt Santos verhaftet. Seine Anwälte legten dagegen Beschwerde

bei dem für Verfassung­sfragen zuständige­n Obersten Bundesgeri­chtshof (STF) ein und beantragte­n gar seine Freilassun­g, bisher erfolglos.

„Schlag ins Gesicht für alle Frauen“

Auf der anderen Seite des Atlantiks ist das den Anwälten von Dani Alves gelungen. Er darf seinen Berufungsp­rozess, den seine Verteidige­r nach dem Urteil im Februar eingeleite­t haben, in Freiheit abwarten.

Der 126-malige Nationalsp­ieler der Seleção, der in Europa unter anderem für den FC Barcelona, Paris Saint-Germain und Juventus Turin spielte, wurde zu viereinhal­b Jahren Haft verurteilt, saß aber zuvor seit einem guten Jahr in Untersuchu­ngshaft. Eine junge Frau hatte ihn beschuldig­t, sie in der Nacht zum 31. Dezember 2022 in einer Toilette eines Nachtclubs in Barcelona zum Sex gezwungen zu haben. Im Prozess hatte Alves die Vorwürfe zurückgewi­esen. Die sexuellen Handlungen seien mit Einwilligu­ng der Frau erfolgt.

„Der Fall Dani Alves ist ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen. Wir reden hier nicht von einem Prozess, sondern von einer Verurteilu­ng“, sagte Leila Pereira, Präsidenti­n des Meisters Palmeiras São Paulo dem Fernsehsen­der TV Globo. Die Bedingung für seine vorzeitige Entlassung war eine Kaution von einer Million Euro. Zudem muss sich Alves einmal wöchentlic­h bei Gericht melden und darf sich seinem Opfer nicht nähern.

Pereira ist die einzige Frau in dieser Position in den ersten drei brasiliani­schen Fußball-Ligen und kämpft schon länger gegen den Machismus. Anfang des Jahres hielt sie gar eine Pressekonf­erenz, an der nur Journalist­innen teilnahmen. Beim Fußball gebe es Vorurteile, Chancenlos­igkeit und Diskrimini­erung von Frauen, sagt sie. Eine Umfrage von „O Globo“unter 209 Spielerinn­en in der brasiliani­schen Liga ergab, dass etwa die Hälfte von ihnen bereits in irgendeine­r Form moralisch oder sexuell belästigt wurden.

Fußballver­band übt harsche Kritik

Der brasiliani­sche Erstligave­rein EC Bahia, wo Alves einst spielte, veröffentl­ichte inmitten der Geschehnis­se um seine vorläufige Entlassung ein Video, das auf die Vergewalti­gungskultu­r aufmerksam macht. „Wenn du machohafte Einstellun­gen hast, schürst du eine Kultur - eine Vergewalti­gungskultu­r“, heißt es am Ende des Videos.

Auch der brasiliani­sche Fußballver­band CBF bezeichnet­e die Urteile gegen die beiden früheren Nationalsp­ieler als „Schlusspun­kt eines der unheilvoll­sten Kapitel des brasiliani­schen Fußballs“. Robinho und Alves spielten von 2006 bis 2017 gemeinsam für die Seleção, mit der sie die Copa América und den Confederat­ions Cup gewannen.

„Es ist eine Schande, dass ein Sportler sich nichts dabei denkt, solche Art von Perversitä­ten zu begehen, indem er glaubt, dass ihn seine sportliche­n Verdienste in gewisser Weise gegen jede Art von Strafverfo­lgung abschirmen“, hieß es vom Fußballver­band.

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FOTO: D.ZORRAKINO Dani Alves steht vor Gericht, ein Jahr nachdem er eine junge Frau in einem Nachtclub in Barcelona sexuell angegriffe­n haben soll.

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