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Big Brother ist ein Mini-Computer

Ein Roboter, der alles sieht, alles hört und auch noch überall hinkommt: Sicherheit­sforscher von McAfee haben den Service-Roboter Temi gehackt und konnten ihn anschließe­nd komplett fernsteuer­n. DAVID GÖHLER

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Service-Roboter Temi gehackt

Temi ist ein intelligen­ter Roboter, der über zahlreiche Sensoren seine Umgebung erkennt, mit Kamera und Mikrofon interagier­en und sein Display auf sprechende Schallquel­len ausrichten kann. Er hat hinter dem Display eine Abstell äche, auf der er beispielsw­eise Medikament­e oder Essen transporti­ert. Über ihn lassen sich Video-Telefonate führen und Internetan­fragen stellen. Die Anwendungs­möglichkei­ten sind vielfältig: Als Butler in der Hotellobby, in Krankenhäu­sern als Service-Bot oder als Hilfe im Haushalt. Gesteuert wird er über eine App. Beim ersten Setup reicht es aus, den QR-Code des Roboters zu scannen, um sich zum Admin aufzuschwi­ngen. Danach können weitere Personen hinzugefüg­t werden, die den Roboter steuern dürfen.

Vier Sicherheit­slücken gefunden

Wie auf der Black-Hat-Sicherheit­skonferenz Anfang August berichtet, haben Sicherheit­sforscher von McAfee die Software des Roboters und der App intensiven Test unterzogen, und dabei auch die Firmware und Update-Prozesse genau untersucht. Dabei haben sie vier Sicherheit­slücken gefunden, die es erlauben, Temi-Videoanruf­e auszuspion­ieren, Anrufe abzufangen und das Gerät komplett fernzusteu­ern – und das alles ohne jegliche Authenti zierung.

Ein Temi-Roboter führt eine Liste der Personen, die ihn anrufen und direkt steuern können, ohne dass eine Person dazu den Roboter physisch autorisier­t (im besten Fall nur sein Besitzer oder ein Betreuer). Wenn man es also schafft, auf diese Liste zu kommen, kann man den Roboter kontrollie­ren. Zu Beginn waren deshalb vor allem die Telefon- und Video-Fähigkeite­n im Fokus der Forscher. Sie haben gezielt nach einem Weg gesucht, eine Kommunikat­ion aufzubauen, ohne in der Liste zu stehen. Dazu haben Sie den App-Code der Android-App dekompilie­rt, nach den verwendete­n Bibliothek­en geschaut und herausgefu­nden, welche Daten für den Aufbau eines Telefonats benötigt werden. Interessan­terweise waren dazu nur statische IDs notwendig, die sich auslesen ließen. Durch eine Modi kation der Android-App konnten sie sich anschließe­nd höhere Rechte geben (auch weil entspreche­nde Integrität­sprüfungen fehlten). Über das Zusammensp­iel von fehlgeschl­agenen Anruf-Checks in der App und speziell modi zierten Netzwerk-Paketen ist es den Forschern schließlic­h gelungen, Personen zu der Kontaktlis­te hinzuzufüg­en. Steht so eine Person erst in der Liste, reicht ein Anruf, um den Roboter komplett zu steuern. Die Forscher benötigten nur die Telefonnum­mer eines beliebigen Temi-Roboters, um ihn anschließe­nd zu übernehmen. Dies ist insbesonde­re gefährlich, weil es nicht unbedingt auffällt, wenn er beispielsw­eise neben einem Support-Mitarbeite­r steht, der seinen Tür-Code eingibt. Spionage sind also Tür und Tor geöffnet.

Fehler sofort gepatcht

Obwohl der Hack erst Anfang August auf der Black-Hat-Sicherheit­skonferenz vorgestell­t wurde, haben die Sicherheit­sforscher die Entwickler von Temi bereits im März auf die Fehler aufmerksam gemacht. Die Firma hat nach Aussage von McAfee die Sicherheit­slöcher umgehend geschlosse­n und über die Update-Funktion an alle Geräte ausgespiel­t. Generell zeigt der Hack, dass die Angriffs ächen für autonome, dauerhaft mit dem Internet verbundene Geräte, dazu zählen beispielsw­eise auch Autos, groß sind. Da sich die Geräte darüber hinaus auch noch selbststän­dig bewegen können, sind die Gefahren, ausspionie­rt zu werden, immens. Wer auch immer ein Gerät anschafft, das per Mikrofon und Videokamer­a bestückt ist und permanent am Internet hängt, sollte sich gründlich informiere­n, ob der Hersteller unabhängig­e Sicherheit­sexperten beauftragt, um die Sicherheit zu prüfen oder ob vielleicht schon Sicherheit­slücken bekannt sind.

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Durch den Einsatz bekannter SoftwareFr­ameworks hat McAfee die Code-Struktur und Abläufe in der TemiSoftwa­re visualisie­ren und analysiere­n können.
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Auf der McAfee-Webseite beschreibe­n die Sicherheit­sforscher detaillier­t ihr Vorgehen.

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