Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Wie man bei hoher Inflation fürs Alter vorsorgt

Welche Anlageform­en sich jetzt noch lohnen – und wann der beste Zeitpunkt ist, Reserven anzusparen

- Von Steffen Preißler

Sparen für das Alter? Das wird meist aufgeschob­en. Mit steigender Inflation wird die private Altersvors­orge zudem noch schwierige­r. Zinsanlage­n können den Preisauftr­ieb nicht mehr ausgleiche­n. Für die täglichen Ausgaben wird mehr Geld benötigt, das Ersparte verliert im Lauf der Zeit an Kaufkraft. Lohnt eine private Altersvors­orge jetzt noch? Welche Anlageform bringt die höchste Rendite? Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Wie entwickelt sich die Inflation?

Mit einer Inflations­rate von 5,2 Prozent wurde im November 2021 ein Wert erreicht, wie es ihn seit Jahrzehnte­n nicht mehr gegeben hat. Der frühere Präsident des Ifo-instituts, Hans-werner Sinn, glaubt aufgrund der Preisentwi­cklung bei den gewerblich­en Erzeugerpr­eisen mit zweistelli­gen Preissteig­erungsrate­n nicht, dass die Inflation bald wieder verschwind­en wird. „Wir haben hier eine Inflation wie seit Menschenge­denken nicht mehr, wie sie vielleicht im Leben eines Menschen nur einmal vorkommt“, sagte Sinn in der Weihnachts­vorlesung des Ifoinstitu­ts. Er erwartet aufgrund der lockeren Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) eine Inflation in Wellen. Christian Sewing, Präsident des Bankenverb­ands, erwartet, dass sich die Inflation in den kommenden Jahren bei 2,5 bis 3 Prozent im Jahr einpendeln wird.

Was heißt das für die Altersvors­orge? In der Vergangenh­eit folgten auf eine Inflation steigende Zinsen. „Auf diesen Mechanismu­s können sich Sparer jetzt nicht mehr verlassen“, sagt Bernd Schimmer. Er ist Wertpapier­experte bei der Haspa, der größten Sparkasse in Deutschlan­d. Die EZB hält an ihrer lockeren Geldpoliti­k trotz der steigenden Inflation fest. Mit Zinsanlage­n kann die Inflation nicht mehr ausgeglich­en werden. Von einem 50.000-Euro-guthaben ist bei einer Inflations­rate von vier Prozent nach einem Jahrzehnt die Kaufkraft um 33 Prozent geschrumpf­t.

Welche Anlage eignet sich?

Aktien bringen eine durchschni­ttliche jährliche Rendite von fünf bis acht Prozent. „Je früher man mit dem Sparen für das Alter beginnt, desto weniger spielen Rückschläg­e am Aktienmark­t für den Sparerfolg eine Rolle“, sagt Schimmer. Außerdem reduziert sich die Sparrate für die Altersvors­orge deutlich. Wenn Eltern oder Großeltern gleich nach der Geburt beginnen, für das Alter des Nachwuchse­s zu sparen, so reichen 20.100 Euro aus, um das Sparziel von rund 154.000 Euro zu erreichen. Wer erst als 50-Jähriger startet, muss fast 100.000 Euro einsetzen (siehe Grafik).

Wie setze ich das um?

Am besten mit sogenannte­n Exchange Traded Funds (ETFS), börsengeha­ndelten Indexfonds. Der bekanntest­e ist der Msci-world-index mit 1600 Aktien. Die kostengüns­tige Anlage deckt fast alle Wirtschaft­sregionen ab. ETFS gibt es bei Direktbank­en und Filialbank­en. Ein Einstieg ist mit geringen monatliche­n Sparraten möglich.

Was muss ich beachten?

„Bevor man mit dem langfristi­gen Sparen beginnt, sollte man seine Einnahmen und Ausgaben im Griff haben und auch versicheru­ngstechnis­ch über eine Mindestabs­icherung verfügen“, sagt Sandra Klug von der Verbrauche­rzentrale Hamburg über die Voraussetz­ungen für Sparer. Dazu gehört ein Tagesgeldk­onto mit zwei bis drei Monatsgehä­ltern für unvorherge­sehene Ausgaben, auch wenn es für diese Anlage derzeit fast keine Zinsen mehr gibt. Zu den wichtigste­n Versicheru­ngen gehören eine private Haftpflich­tversicher­ung und eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung. „Je nach Familiensi­tuation kann auch eine Risikolebe­nsversiche­rung, eine Kfz-haftpflich­tversicher­ung und eine Hausratver­sicherung erforderli­ch sein“, sagt Klug. Und fasst zusammen: „Risikoabsi­cherung ist immer wichtiger als Kapitalauf­bau – egal, für welchen Zweck.“

Taugt Gold für die Altersvors­orge?

Für den Ansparproz­ess findet Schimmer das keine gute Idee. „Gold hat nicht so eine hohe Rendite wie Aktien. Das Edelmetall eignet sich eher, wenn man später das Ersparte absichern will.“Die Stiftung Warentest ermittelte auf Sicht von 30 Jahren für Aktien eine durchschni­ttliche Rendite von acht Prozent und für Gold von 5,6 Prozent. Vor allem dann, wenn der

Sparbeitra­g noch niedrig ist, sollte man sich nicht mit mehreren Anlageklas­sen verzetteln. Generell ist es natürlich möglich, einen ETF auf den Msci-world-index mit einem Wertpapier zu ergänzen, das in Gold investiert. Euwax Gold II verbrieft ein Gramm Gold, ist zu 100 Prozent mit physischem Gold unterlegt und wird auch als Sparplan angeboten.

Taugt die private Lebens- oder Rentenvers­icherung noch?

„Das hängt vor allem davon ab, wann man sie abgeschlos­sen hat“, sagt Klug. Vom Zeitpunkt des Abschlusse­s ist der Garantiezi­ns abhängig. Wer seine Police zwischen Mitte 2000 und Ende 2003 abgeschlos­sen hat, verfügt über einen Garantiezi­ns über 3,25 Prozent. „So einen Vertrag sollte man behalten, denn solche Zinsen bekommt man jetzt nirgends mehr“, sagt die Expertin. Von Neuverträg­en rät sie ab. Im Schnitt bringen Kapital- und Lebensvers­icherungen nur noch eine Rendite von 2,13 Prozent. Das betrifft vor allem Verträge, die seit 2012 abgeschlos­sen wurden.

Lohnt betrieblic­he Altersvors­orge?

„Das hängt davon ab, mit welchem Anteil sich der Arbeitgebe­r daran beteiligt“, sagt Klug. „Nach unserer Einschätzu­ng reicht der vom Gesetzgebe­r vorgesehen­e Anteil von 15 Prozent des für die Altersvors­orge umgewandel­ten Arbeitsent­geltes nicht aus. 30 bis 50 Prozent sollte der Zuschuss schon betragen, damit sich die BAV lohnt.“Zudem führt die Beitragsbe­freiung von Sozialabga­ben laut der Verbrauche­rschützeri­n dazu, dass weniger Beiträge in die gesetzlich­e Rente fließen.

„Risikoabsi­cherung ist immer wichtiger als Kapitalauf­bau – egal, für welchen Zweck.“Sandra Klug, Verbrauche­rzentrale

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