Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Wie man bei hoher Inflation fürs Alter vorsorgt
Welche Anlageformen sich jetzt noch lohnen – und wann der beste Zeitpunkt ist, Reserven anzusparen
Sparen für das Alter? Das wird meist aufgeschoben. Mit steigender Inflation wird die private Altersvorsorge zudem noch schwieriger. Zinsanlagen können den Preisauftrieb nicht mehr ausgleichen. Für die täglichen Ausgaben wird mehr Geld benötigt, das Ersparte verliert im Lauf der Zeit an Kaufkraft. Lohnt eine private Altersvorsorge jetzt noch? Welche Anlageform bringt die höchste Rendite? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie entwickelt sich die Inflation?
Mit einer Inflationsrate von 5,2 Prozent wurde im November 2021 ein Wert erreicht, wie es ihn seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. Der frühere Präsident des Ifo-instituts, Hans-werner Sinn, glaubt aufgrund der Preisentwicklung bei den gewerblichen Erzeugerpreisen mit zweistelligen Preissteigerungsraten nicht, dass die Inflation bald wieder verschwinden wird. „Wir haben hier eine Inflation wie seit Menschengedenken nicht mehr, wie sie vielleicht im Leben eines Menschen nur einmal vorkommt“, sagte Sinn in der Weihnachtsvorlesung des Ifoinstituts. Er erwartet aufgrund der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Inflation in Wellen. Christian Sewing, Präsident des Bankenverbands, erwartet, dass sich die Inflation in den kommenden Jahren bei 2,5 bis 3 Prozent im Jahr einpendeln wird.
Was heißt das für die Altersvorsorge? In der Vergangenheit folgten auf eine Inflation steigende Zinsen. „Auf diesen Mechanismus können sich Sparer jetzt nicht mehr verlassen“, sagt Bernd Schimmer. Er ist Wertpapierexperte bei der Haspa, der größten Sparkasse in Deutschland. Die EZB hält an ihrer lockeren Geldpolitik trotz der steigenden Inflation fest. Mit Zinsanlagen kann die Inflation nicht mehr ausgeglichen werden. Von einem 50.000-Euro-guthaben ist bei einer Inflationsrate von vier Prozent nach einem Jahrzehnt die Kaufkraft um 33 Prozent geschrumpft.
Welche Anlage eignet sich?
Aktien bringen eine durchschnittliche jährliche Rendite von fünf bis acht Prozent. „Je früher man mit dem Sparen für das Alter beginnt, desto weniger spielen Rückschläge am Aktienmarkt für den Sparerfolg eine Rolle“, sagt Schimmer. Außerdem reduziert sich die Sparrate für die Altersvorsorge deutlich. Wenn Eltern oder Großeltern gleich nach der Geburt beginnen, für das Alter des Nachwuchses zu sparen, so reichen 20.100 Euro aus, um das Sparziel von rund 154.000 Euro zu erreichen. Wer erst als 50-Jähriger startet, muss fast 100.000 Euro einsetzen (siehe Grafik).
Wie setze ich das um?
Am besten mit sogenannten Exchange Traded Funds (ETFS), börsengehandelten Indexfonds. Der bekannteste ist der Msci-world-index mit 1600 Aktien. Die kostengünstige Anlage deckt fast alle Wirtschaftsregionen ab. ETFS gibt es bei Direktbanken und Filialbanken. Ein Einstieg ist mit geringen monatlichen Sparraten möglich.
Was muss ich beachten?
„Bevor man mit dem langfristigen Sparen beginnt, sollte man seine Einnahmen und Ausgaben im Griff haben und auch versicherungstechnisch über eine Mindestabsicherung verfügen“, sagt Sandra Klug von der Verbraucherzentrale Hamburg über die Voraussetzungen für Sparer. Dazu gehört ein Tagesgeldkonto mit zwei bis drei Monatsgehältern für unvorhergesehene Ausgaben, auch wenn es für diese Anlage derzeit fast keine Zinsen mehr gibt. Zu den wichtigsten Versicherungen gehören eine private Haftpflichtversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung. „Je nach Familiensituation kann auch eine Risikolebensversicherung, eine Kfz-haftpflichtversicherung und eine Hausratversicherung erforderlich sein“, sagt Klug. Und fasst zusammen: „Risikoabsicherung ist immer wichtiger als Kapitalaufbau – egal, für welchen Zweck.“
Taugt Gold für die Altersvorsorge?
Für den Ansparprozess findet Schimmer das keine gute Idee. „Gold hat nicht so eine hohe Rendite wie Aktien. Das Edelmetall eignet sich eher, wenn man später das Ersparte absichern will.“Die Stiftung Warentest ermittelte auf Sicht von 30 Jahren für Aktien eine durchschnittliche Rendite von acht Prozent und für Gold von 5,6 Prozent. Vor allem dann, wenn der
Sparbeitrag noch niedrig ist, sollte man sich nicht mit mehreren Anlageklassen verzetteln. Generell ist es natürlich möglich, einen ETF auf den Msci-world-index mit einem Wertpapier zu ergänzen, das in Gold investiert. Euwax Gold II verbrieft ein Gramm Gold, ist zu 100 Prozent mit physischem Gold unterlegt und wird auch als Sparplan angeboten.
Taugt die private Lebens- oder Rentenversicherung noch?
„Das hängt vor allem davon ab, wann man sie abgeschlossen hat“, sagt Klug. Vom Zeitpunkt des Abschlusses ist der Garantiezins abhängig. Wer seine Police zwischen Mitte 2000 und Ende 2003 abgeschlossen hat, verfügt über einen Garantiezins über 3,25 Prozent. „So einen Vertrag sollte man behalten, denn solche Zinsen bekommt man jetzt nirgends mehr“, sagt die Expertin. Von Neuverträgen rät sie ab. Im Schnitt bringen Kapital- und Lebensversicherungen nur noch eine Rendite von 2,13 Prozent. Das betrifft vor allem Verträge, die seit 2012 abgeschlossen wurden.
Lohnt betriebliche Altersvorsorge?
„Das hängt davon ab, mit welchem Anteil sich der Arbeitgeber daran beteiligt“, sagt Klug. „Nach unserer Einschätzung reicht der vom Gesetzgeber vorgesehene Anteil von 15 Prozent des für die Altersvorsorge umgewandelten Arbeitsentgeltes nicht aus. 30 bis 50 Prozent sollte der Zuschuss schon betragen, damit sich die BAV lohnt.“Zudem führt die Beitragsbefreiung von Sozialabgaben laut der Verbraucherschützerin dazu, dass weniger Beiträge in die gesetzliche Rente fließen.
„Risikoabsicherung ist immer wichtiger als Kapitalaufbau – egal, für welchen Zweck.“Sandra Klug, Verbraucherzentrale