Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Deutschland-Tour ist ein Thema
Lars Wackernagel führt das P&S-Team in der kommenden Saison als Profimannschaft, doch die Vorfreude ist getrübt
Gera. Das P&S-Team hat die erfolgreichste Saison seit dem Bestehen 2015 hingelegt. In der neuen Radsport-Saison starten die Thüringer als KT-Team bei den Profis. Der Sportliche Leiter und Trainer Lars Wackernagel (43) zieht Bilanz, spricht über einen besonderen Rad-Azubi, über Thüringer Talente und seine Pläne mit dem Team für 2019.
Mit Philipp Walsleben haben Sie einen Top-Crosser in ein Straßenteam integriert. War das ein Wagnis?
Ja und nein. Als er sich bei uns gemeldet hat, habe ich mich gefragt: Was ist er für ein Typ? Ist er offen für Neues oder eher einer, der glaubt, dass er schon alles weiß. Querfeldeinfahrer sind ja Einzelkämpfer. Individualisten. Die Frage war: Kann ich ihn auf unsere Seite ziehen?
Sie konnten …
… ja, er ist ein offener Typ, hat sich ins Team eingefügt. Wir haben ihm vermittelt, wie Straßenrennsport funktioniert. Als Crosser war er es gewohnt, vom Start weg Vollgas zu geben. Das geht in einem Rennen über 180 Kilometer nicht, da muss man im Sattel sitzen bleiben, abwarten, einen taktischen Plan umsetzen. Das hat er gelernt. Nicht gleich, aber er hat es.
Walsleben wechselt ins belgische Profiteam von Top-Crosser Mathien van de Pool?
Ja, ein Ritterschlag für uns. Wir sind als P&S-Team ein Ausbildungsteam, auch wenn unser Azubi schon 30 war. Die Belgier wollen in der neuen Saison verstärkt auf die Straße gehen.
Auch beim Bundesligafinale am Bilster Berg in Bad Driburg ging es noch einmal rund?
Das kann man sagen. Der Kurs hatte es in sich, die 3500 Höhenmeter mussten in dem Rennen über 140 Kilometer erst einmal gefahren werden. Wir haben als P&S-Team Platz drei in der Mannschaftswertung und Platz eins in der Einzelwertung durch Philipp Walsleben nach Hause fahren können. Immanuel Stark konnte sich einen guten fünften Gesamtrang in dieser Wertung sichern.
Das war die erfolgreichste Saison, seit Sie das Thüringer Radteam im Jahr 2015 übernommen haben?
Das ist richtig. Wir haben die Bundesliga gewonnen und mit Immanuel Stark den deutschen Berg-Meister in unseren Reihen, das war der erste deutsche Meistertitel für uns als Team. Philipp Walsleben hat sich zudem noch die Bronzemedaille bei dem Rennen sichern können. Des Weiteren kam der erste internationale Rundfahrtsieg der Teamgeschichte dazu. Philipp sicherte sich einen Etappensieg und die Gesamtwertung der in Polen stattfindenden Baltik-Rundfahrt der Kategorie 2.2 UCI. Hätte mir das einer vor der Saison prophezeit – ich hätte das sofort unterschrieben.
In der Radsport-Saison 2019 wird auch Thüringen wieder ein Profiteam haben. Ein Zwischenziel ist erreicht?
In Kooperation mit dem Thüringer Radsportverband und dem Olympiastützpunkt bin ich 2015 angetreten, etwas aufzubauen, Sponsoren zu suchen – mit dem Ziel, den Thüringer Kadersportlern ein sportliches Zuhause und eine Perspektive zu geben. Dass wir als KT-Team starten, ist ein erster wichtiger Schritt. Es ist das gelungen, worauf immer gehofft und geschaut wurde – es gibt wieder ein Thüringer Profiteam für unsere Talente.
Als Team P&S Metalltechnik geht das Team im neuen Jahr ins Rennen. Damit ist auch die Deutschland-Tour ein Thema. Endlich können die Thüringer Talente zu den Profis aufsteigen, müssen nicht wie bisher zu anderen Teams wechseln. Doch nicht alle Talente ziehen mit. Das bedauere ich sehr. Dabei geht es mir nicht so sehr um Jannis Peter und Jakob Geßner, die nun für das Team Heizomatrad-net.de starten. Wir sind doch ein freies Land. Es geht mir ums Prinzip. Wir schaffen die Voraussetzungen, bei den Profis zu fahren, um den eigenen Thüringer Sportlern eine Perspektive zu geben und sie schlagen das aus. Wenn man ein Projekt verlässt, bevor es überhaupt richtig angefangen hat, muss ich mir persönlich einige Fragen gefallen lassen. Fragen, die ich mir selber stelle.
Können und wollen Sie darauf näher eingehen?
Ich muss darauf näher eingehen. Der Olympiastützpunkt und der Thüringer Radsportverband sowie alle Sponsoren der freien Wirtschaft haben sich zusammengefunden und gemeinsam darüber nachgedacht, wie man das Ziel „KT“verwirklichen kann, um genau diese Situation zu vermeiden, dass talentierte Renner Thüringen verlassen. Wir haben ein Kontinental-Team, die kommenden zwei Jahre sind gesichert mit einer Option auf einen weiteren Olympiazyklus. Unser sächsischer Hauptsponsor P&S Metalltechnik hat sich begeistern lassen, in Thüringen zusammen mit weiteren Thüringer Partnern in den Radsport zu investieren. Wir haben den Zug gemeinsam so richtig ins Rollen gebracht, aber dies hat nicht ausgereicht, zwei Talente in Thüringen zu halten. Das bedauere ich sehr. Doch eins wird bleiben: Wir machen weiter und konzentrieren uns so oder so auf guten Radsport.
Wie läuft die Vorbereitung?
Wir sind neun Renner, und mit denen gehen wir im November in die Saisonvorbereitung. Es wird für uns ein Jahr des Lernens sein, wenn wir Rennen in Frankreich oder Belgien oder Holland bestreiten, dann müssen wir erst einmal sehen, wie das läuft.
Für die Sportler ist das Neuland. Sie haben vor Jahren mit dem Team NSP schon einmal eine Kontinental-Mannschaft geführt. Gibt es aus dieser Zeit noch Kontakte?
Ja, die gibt es – und das kann uns nur helfen, als neues KT-Team in die eine oder andere Rundfahrt reinzukommen. Wir haben aktuelle drei Fahrer mit KT-Erfahrung in unseren Reihen. In sportlicher Hinsicht wird dies für alle von Nutzen sein.
Ist die Deutschland-Tour auch ein Thema für das P&S-Team?
Auf jeden Fall. Die DeutschlandTour ist in die HC-Kategorie aufgenommen worden, da will sich jeder präsentieren – wir wollen das auch. Es gibt in Deutschland wieder sieben, acht KT-Teams und alle kämpfen um einen Startplatz bei der DeutschlandTour. Diese neue Konkurrenz ist gut für den Radsport, das treibt die Leistungen nach oben – da wollen wir als P&S-Team mitspielen, unseren Beitrag leisten, dass es mit dem Radsport in Deutschland weiter vorangeht.
Lars Wackernagel (43) aus Gera ist seit 2015 als Chef für die Radmannschaft P&S Team Thüringen verantwortlich.