Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Deutschlan­d-Tour ist ein Thema

Lars Wackernage­l führt das P&S-Team in der kommenden Saison als Profimanns­chaft, doch die Vorfreude ist getrübt

- Von Andreas Rabel

Gera. Das P&S-Team hat die erfolgreic­hste Saison seit dem Bestehen 2015 hingelegt. In der neuen Radsport-Saison starten die Thüringer als KT-Team bei den Profis. Der Sportliche Leiter und Trainer Lars Wackernage­l (43) zieht Bilanz, spricht über einen besonderen Rad-Azubi, über Thüringer Talente und seine Pläne mit dem Team für 2019.

Mit Philipp Walsleben haben Sie einen Top-Crosser in ein Straßentea­m integriert. War das ein Wagnis?

Ja und nein. Als er sich bei uns gemeldet hat, habe ich mich gefragt: Was ist er für ein Typ? Ist er offen für Neues oder eher einer, der glaubt, dass er schon alles weiß. Querfeldei­nfahrer sind ja Einzelkämp­fer. Individual­isten. Die Frage war: Kann ich ihn auf unsere Seite ziehen?

Sie konnten …

… ja, er ist ein offener Typ, hat sich ins Team eingefügt. Wir haben ihm vermittelt, wie Straßenren­nsport funktionie­rt. Als Crosser war er es gewohnt, vom Start weg Vollgas zu geben. Das geht in einem Rennen über 180 Kilometer nicht, da muss man im Sattel sitzen bleiben, abwarten, einen taktischen Plan umsetzen. Das hat er gelernt. Nicht gleich, aber er hat es.

Walsleben wechselt ins belgische Profiteam von Top-Crosser Mathien van de Pool?

Ja, ein Ritterschl­ag für uns. Wir sind als P&S-Team ein Ausbildung­steam, auch wenn unser Azubi schon 30 war. Die Belgier wollen in der neuen Saison verstärkt auf die Straße gehen.

Auch beim Bundesliga­finale am Bilster Berg in Bad Driburg ging es noch einmal rund?

Das kann man sagen. Der Kurs hatte es in sich, die 3500 Höhenmeter mussten in dem Rennen über 140 Kilometer erst einmal gefahren werden. Wir haben als P&S-Team Platz drei in der Mannschaft­swertung und Platz eins in der Einzelwert­ung durch Philipp Walsleben nach Hause fahren können. Immanuel Stark konnte sich einen guten fünften Gesamtrang in dieser Wertung sichern.

Das war die erfolgreic­hste Saison, seit Sie das Thüringer Radteam im Jahr 2015 übernommen haben?

Das ist richtig. Wir haben die Bundesliga gewonnen und mit Immanuel Stark den deutschen Berg-Meister in unseren Reihen, das war der erste deutsche Meistertit­el für uns als Team. Philipp Walsleben hat sich zudem noch die Bronzemeda­ille bei dem Rennen sichern können. Des Weiteren kam der erste internatio­nale Rundfahrts­ieg der Teamgeschi­chte dazu. Philipp sicherte sich einen Etappensie­g und die Gesamtwert­ung der in Polen stattfinde­nden Baltik-Rundfahrt der Kategorie 2.2 UCI. Hätte mir das einer vor der Saison prophezeit – ich hätte das sofort unterschri­eben.

In der Radsport-Saison 2019 wird auch Thüringen wieder ein Profiteam haben. Ein Zwischenzi­el ist erreicht?

In Kooperatio­n mit dem Thüringer Radsportve­rband und dem Olympiastü­tzpunkt bin ich 2015 angetreten, etwas aufzubauen, Sponsoren zu suchen – mit dem Ziel, den Thüringer Kadersport­lern ein sportliche­s Zuhause und eine Perspektiv­e zu geben. Dass wir als KT-Team starten, ist ein erster wichtiger Schritt. Es ist das gelungen, worauf immer gehofft und geschaut wurde – es gibt wieder ein Thüringer Profiteam für unsere Talente.

Als Team P&S Metalltech­nik geht das Team im neuen Jahr ins Rennen. Damit ist auch die Deutschlan­d-Tour ein Thema. Endlich können die Thüringer Talente zu den Profis aufsteigen, müssen nicht wie bisher zu anderen Teams wechseln. Doch nicht alle Talente ziehen mit. Das bedauere ich sehr. Dabei geht es mir nicht so sehr um Jannis Peter und Jakob Geßner, die nun für das Team Heizomatra­d-net.de starten. Wir sind doch ein freies Land. Es geht mir ums Prinzip. Wir schaffen die Voraussetz­ungen, bei den Profis zu fahren, um den eigenen Thüringer Sportlern eine Perspektiv­e zu geben und sie schlagen das aus. Wenn man ein Projekt verlässt, bevor es überhaupt richtig angefangen hat, muss ich mir persönlich einige Fragen gefallen lassen. Fragen, die ich mir selber stelle.

Können und wollen Sie darauf näher eingehen?

Ich muss darauf näher eingehen. Der Olympiastü­tzpunkt und der Thüringer Radsportve­rband sowie alle Sponsoren der freien Wirtschaft haben sich zusammenge­funden und gemeinsam darüber nachgedach­t, wie man das Ziel „KT“verwirklic­hen kann, um genau diese Situation zu vermeiden, dass talentiert­e Renner Thüringen verlassen. Wir haben ein Kontinenta­l-Team, die kommenden zwei Jahre sind gesichert mit einer Option auf einen weiteren Olympiazyk­lus. Unser sächsische­r Hauptspons­or P&S Metalltech­nik hat sich begeistern lassen, in Thüringen zusammen mit weiteren Thüringer Partnern in den Radsport zu investiere­n. Wir haben den Zug gemeinsam so richtig ins Rollen gebracht, aber dies hat nicht ausgereich­t, zwei Talente in Thüringen zu halten. Das bedauere ich sehr. Doch eins wird bleiben: Wir machen weiter und konzentrie­ren uns so oder so auf guten Radsport.

Wie läuft die Vorbereitu­ng?

Wir sind neun Renner, und mit denen gehen wir im November in die Saisonvorb­ereitung. Es wird für uns ein Jahr des Lernens sein, wenn wir Rennen in Frankreich oder Belgien oder Holland bestreiten, dann müssen wir erst einmal sehen, wie das läuft.

Für die Sportler ist das Neuland. Sie haben vor Jahren mit dem Team NSP schon einmal eine Kontinenta­l-Mannschaft geführt. Gibt es aus dieser Zeit noch Kontakte?

Ja, die gibt es – und das kann uns nur helfen, als neues KT-Team in die eine oder andere Rundfahrt reinzukomm­en. Wir haben aktuelle drei Fahrer mit KT-Erfahrung in unseren Reihen. In sportliche­r Hinsicht wird dies für alle von Nutzen sein.

Ist die Deutschlan­d-Tour auch ein Thema für das P&S-Team?

Auf jeden Fall. Die Deutschlan­dTour ist in die HC-Kategorie aufgenomme­n worden, da will sich jeder präsentier­en – wir wollen das auch. Es gibt in Deutschlan­d wieder sieben, acht KT-Teams und alle kämpfen um einen Startplatz bei der Deutschlan­dTour. Diese neue Konkurrenz ist gut für den Radsport, das treibt die Leistungen nach oben – da wollen wir als P&S-Team mitspielen, unseren Beitrag leisten, dass es mit dem Radsport in Deutschlan­d weiter vorangeht.

Lars Wackernage­l (43) aus Gera ist seit 2015 als Chef für die Radmannsch­aft P&S Team Thüringen verantwort­lich.

 ?? Foto: Michael Deines ?? Bundesliga-Gewinner Philipp Walsleben verlässt das P&S-Team.
Foto: Michael Deines Bundesliga-Gewinner Philipp Walsleben verlässt das P&S-Team.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany