Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Ein bewegtes Leben in Dur und in Moll
Irmengart Müller-Uri präsentiert ihre Autobiografie in der Vogtlandhalle Greiz
Greiz. Weit über die Greizer Stadtgrenzen hinaus ist Irmengart Müller-Uri zweifelsfrei als Grande Dame der Musik bekannt. Und abgesehen von altersbedingten, physischen Gebrechen ist die 90-Jährige geistig jung wie eine Mittzwanzigerin. Auch diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die langjährige Direktorin der Greizer Musikschule Bernhard Stavenhagen vor Kurzem unter dem Titel „Erlebnisse, Erfahrungen, Erinnerungen“ihre Autobiografie vorlegte. Das schmale, aber umso inhaltsreichere Werk wurde bei einer musikalisch-literarischen Matinee in der Studiobühne der Vogtlandhalle Greiz vorgestellt.
„Nein“, habe Frau Müller-Uri geantwortet, als es darum ging, ob sie ihr Buch nicht öffentlich präsentieren wolle, erzählt Sarah Stamboltsyan, eine der Initiatoren der Matinee. Tatsächlich war die Autobiografie ursprünglich nur für den engeren Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis gedacht. Doch Müller-Uris bewegendes und bewegtes Leben, das sich über vier verschiedene Staatsformen erstreckt, ihre Erlebnisse als Jugendliche im Zweiten Weltkrieg in Pößneck und Umgebung, ihr beruflicher Werdegang vom Klavierstudium in Weimar über ihre Dozententätigkeiten in Sondershausen, Rostock und Wismar bis hin zur Zeit als Direktorin der Greizer Musikschule und den darauf folgenden Jahren als Musikkritikerin, Journalistin und Autorin sind mehr als nur persönliche Lebenserinnerung. Sie sind Zeitdokument, geschichtliches Abbild und Regionalkolorit, das gegenwärtige wie künftige Generationen historische Zusammenhänge erfahren lässt, wie es nur durch Zeitzeugen möglich ist. Kurzum, Irmengart Müller-Uri ließ sich von Freunden und Bekannten überzeugen, ihre Autobiografie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Und wie groß das Interesse an dem Buch ist, bewiesen die über 120 Gäste der Matinee, darunter Generalmusikdirektor Stefan Fraas, der Thüringer CDU-Landtagsabgeordnete Christian Tischner, der heutige Greizer Musikschuldirektor Ingo Hufenbach sowie weitere Vertreter aus der Region.
Musik und Text wechselten in der Matinee dramaturgisch elegant ab. Müller-Uri habe „das kulturelle Leben der Stadt auf nachhaltige Weise bereichert“, so Klavierpädagogin Cirsten Wetzel, weitere Initiatorin der Matinee und einst Schülerin von Irmengart Müller-Uri, in ihrer Laudatio. Ihr Leben sei vor allem aber gekennzeichnet vom Willen, immer weiter zu lernen. Auszüge aus der Autobiografie lasen die ehemaligen Schüler der Greizer Musikschule, Markus und Sabine Dietzsch.
Und natürlich nahm bei einem von Musik getragenen Leben wie dem von Müller-Uri die Musik eine zentrale Rolle ein. Sarah und Artashes Stamboltsyan (Klavier/Violine) intonierten drei Werke aus Robert Schumanns „Fantasiestücke“Op. 73, Musikschülerin Christiane Schulze spielte auf der Zither „Entrée“und „Gigue“aus Partita XVI von Guiseppe Antonio Brescianello, vierhändig am Klavier präsentierten Cirsten Wetzel und Markus Dietzsch vier Walzer von Johannes Brahms und Saxofonschülerin Leonie Ammler spielte in Klavierbegleitung „Estilian Caprice“von Gene Paul. Die Herzen der Zuhörer im Sturm eroberte der siebenjähriger Gustav Dietzsch am Klavier mit seiner Interpretation von drei Kinderstücken aus der Feder von Dmitri Kabelewski.
Die würde- und anspruchsvoll gestaltete Matinee war für die am 10. August 1927 in Ranis geborene Irmengart Müller-Uri, die 2002 mit der Bürgermedaille der Stadt Greiz in Silber sowie 2013 mit der Ehrennadel des Thüringer Musikrats ausgezeichnet wurde, Reminiszenz und von den Organisatoren und Gästen zugleich eine Verneigung vor dem Lebenswerk einer großen und großartigen Persönlichkeit der Greizer Kultur.
■ Die Autobiografie von Irmengart Müller-Uri „Erlebnisse, Erfahrungen, Erinnerungen“ist in der Greizer Buchhandlung „Bücherwurm“für zwölf Euro erhältlich