Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Prüfung fördert Ungereimtheiten bei Awo-tochter zutage
Ajs-geschäftsführer erhält von seinem Nachfolger persönlich die fristlose Kündigung
Montagabend, 17.41 Uhr, in Erfurt: Es klingelt an der Wohnungstür von Michael Hack. Der ist seit sechs Wochen als Geschäftsführer der AJS ggmbh, einer Tochterfirma der Awo Thüringen und des Awo-kreisverbandes Erfurt, beurlaubt. Jetzt bekommt er Besuch von einem seiner beiden Nachfolger: Andreas Krauße überbringt ihm nach Informationen dieser Zeitung die fristlose Kündigung – 19 Minuten, bevor Hack offiziell seinen Urlaub antritt.
Sollte diese Kündigung Bestand haben, kann der EX-AJS-CHEF nicht mehr auf die Abfindung hoffen, auf die er bisher spekuliert haben soll.
Es soll um eine siebenstellige Summe gehen. Offiziell will darüber aber in der Thüringer Awo niemand sprechen.
Zu heikel erscheint die Personalie Hack, die den Wohlfahrtsverband in eine nie dagewesene Krise gestürzt hat. Denn Hack und seine engsten Vertrauten haben ein System geschaffen, von dem einige wenige profitierten – allen voran Hack selbst. Mehr als 300.000 Euro Jahresgehalt für den Geschäftsführer eines Wohlfahrtsunternehmens und weitere Vergünstigungen? Für die Awo ist das zu viel.
Doch erst umfassende Recherchen dieser Zeitung hatten auf der einen Seite die Selbstbedienungsmentalität dieses Managers, der vor
Jahren einen Strafbefehl akzeptieren musste, aufgedeckt und auf der anderen Seite die Tatenlosigkeit der Awo-funktionäre in Erfurt und beim Bundesverband thematisiert. Letzterer wusste spätestens seit 2017, dass mit den Managergehältern in Thüringen etwas nicht in Ordnung ist – und kümmerte sich im Anschluss nicht um die Bereinigung der Probleme.
Gleichwohl: Zwischen Verbandsund Arbeitsrecht besteht ein Unterschied. Arbeitsrechtlich war Hack bisher nicht beizukommen, obwohl sein Vertrag zuletzt noch nach dem Beschluss des Awo-governancekodex im November 2017 aufgestockt wurde. Jetzt aber ergab die Innenrevision bei der AJS ggmbh offenbar, dass Hack etwas angelastet werden kann, das die fristlose Kündigung rechtfertigt.
Dass auch Hacks Ehefrau, Petra Köllner-hack, in dieser Woche fristlos geschasst wurde, wirft weitere Fragen auf. Zwar bestätigt ein Awosprecher auf Anfrage diese Kündigung, zu den Gründen will er sich aber nicht äußern. Klar ist nur: Petra Köllner-hack hatte über geraume Zeit ein Büro in der Ajs-zentrale in Erfurt, obwohl ihr Arbeitssitz Gotha gewesen ist. Ob dieser Umstand mit der Kündigung in Verbindung gebracht werden kann, wird spätestens mit der Veröffentlichung der Revisionsergebnisse klar. Die wird allerdings erst Anfang September erwartet und soll weitere Verfehlungen
bei der AJS ggmbh aufdecken – das jedenfalls, so erfuhr es diese Zeitung von mehreren mit der Sache vertrauten Personen, deutet sich nach den Zwischenergebnissen bereits an.
Bei der Awo Soziale Dienste ggmbh gibt es nun eine interessante Personalie: Sebastian Ringmann, Prokurist der AJS und dem Bundesverband zufolge ebenfalls mit einem deutlich zu hohen Gehalt ausgestattet, führt vorerst deren Geschäfte. Der Grund dafür ist pragmatischer Natur: Damit wird weiterhin gewährleistet, dass die rechtlich selbstständigen Unternehmen AJS und Awo Soziale Dienste ggmbh eine gemeinsame Besteuerungseinheit bilden.