Ostthüringer Zeitung (Schleiz)
Wird ein Deutscher Hüter des Euro?
Bundesbankpräsident Weidmann könnte Mario Draghi an der Spitze der EZB ablösen. Doch es gibt einige Hindernisse
Frankfurt/Main. In einer Woche berät der Zentralbankrat wieder über die Zinspolitik. Die Debatten davor werden diesmal gewürzt von Personalspekulationen: Wird Bundesbankpräsident Jens Weidmann den amtierenden Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, ablösen?
Weidmann steht eher für eine Geldpolitik, die nicht nur die konjunkturellen Risiken und die Deflationsrisiken im Auge hat, der also nicht, wie Draghi, nur den Abwärtsstrudel fürchtet, den sinkende Preise mit sich bringen. Weidmann ist zugleich bereit, auf die Aufwärtsrisiken zu schauen, also auf die Gefahren für die Preisstabilität, wenn Konjunktur und Arbeitsmärkte besser laufen. Vor allem verbreitet er immer wieder viel Skepsis gegenüber dem Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Sie hätten die EZB mittlerweile zum größten Gläubiger der Staaten gemacht — Draghis Linie.
Die reguläre achtjährige Amtszeit des Italieners endet im Oktober 2019. Das ist noch lange hin und könnte früh benannte Nachfolgekandidaten verbrennen. Zudem gibt es in Europa einige andere Toppositionen neu zu besetzen: Anfang 2018 wird ein neuer Chef der Eurogruppe gesucht, Amtsinhaber Jeroen Dijsselbloem, noch niederländischer Finanzminister, wird der neuen Regierung wohl nicht mehr angehören. Im Mai scheidet der Portugiese Vítor Constâncio als Vizepräsident der EZB aus. Spanien würde gern den Nachfolger stellen. Und Ende 2019 werden womöglich ein neuer EU-Ratspräsident (derzeit der Pole Donald Tusk) und ein neuer EU-Kommissionschef (derzeit der Luxemburger JeanClaude Juncker) gebraucht. Dass Deutschland bei einem dieser Posten zum Zuge kommt, gilt als gesetzt. Ob es die EZB-Präsidentschaft ist, ist offen.