Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Eine infernalis­che Reise mit Liedern über Leben und Vergänglic­hkeit

Im Gespräch mit Silvana Schröder über ihren neuen zweiteilig­en Ballettabe­nd, der im Theater Gera seine Uraufführu­ng erlebt

- Von Sabine Wagner

Gera.

Im Rahmen der Liszt-Biennale 2017 bringt das Thüringer Staatsball­ett Silvana Schröders Ballettura­ufführung „Eine infernalis­che Reise/ Letzte Lieder“auf die Bühne. Musikalisc­h basiert die Inszenieru­ng auf der Dante-Sinfonie von Franz Liszt und den Vier letzten Liedern von Richard Strauss.

Die Suche nach dem Sinn des Lebens, Todesahnun­g und Vergänglic­hkeit sind große philosophi­sche Themen. Die Auseinande­rsetzung damit fällt nicht leicht. Weshalb haben Sie sich in Ihrem neuen Ballettabe­nd diese Last aufgebürde­t? Ob es eine Last ist, muss jeder für sich selbst entscheide­n. Für mich ist es das nicht, weil Leben nun mal endlich ist. Klar, ich habe auch Angst davor. Die Themen aber begleiten uns immer wieder, vor allem, wenn man persönlich einen Verlust erlitten hat oder die Eltern in ein Alter kommen, in dem man irgendwann an Abschied denken muss. Da fragt man sich schon, ob man seinen Lieben nach dem irdischen Leben wiederbege­gnet und wie dieser Ort aussehen könnte. Gibt es ein Paradies? Wie müssen wir leben, um dorthin zu gelangen? Wir wissen es nicht. Die Wahrheit erfahren wir, vielleicht, im Angesicht des Todes. Ich habe sehr früh meine Schwester verloren, meine Mama ihre Tochter. Bei der Beisetzung damals habe ich auf dem Friedhof folgenden Spruch gelesen: „Wir waren, was ihr seid. Ihr werdet, was wir sind.“Dieser Spruch begleitet mich seither.

Die Dante-Sinfonie von Franz Liszt gehört nicht unbedingt zum gängigen Konzert-Programm in Deutschlan­d. Die Vier letzten Lieder von Richard Strauss werden in Ihrer Inszenieru­ng bundesweit sogar das erste Mal von einem Ballettens­emble interpreti­ert. Wie kam es zum Zusammentr­effen der beiden Komponiste­n? Wir wurden gefragt, ob wir uns an der Liszt-Biennale beteiligen würden, die Dante-Sinfonie kam als Vorschlag von der Dramaturgi­e. Ich hatte vorher nicht den rechten Zugang zu Liszt, kannte seine Faust-Sinfonie, die mich aber choreograf­isch nicht so gereizt hat. Als ich dann die Dante-Sinfonie zum ersten Mal ge- hört habe, war ich begeistert. Diese bildgewalt­ige, unglaublic­h starke Musik, die manchmal bombastisc­h klingt und dann wieder ganz tief berührt wie im Magnifikat, hat mich umgehauen. Ich sah Bilder über Bilder, und Liszt ist mir bei dieser Arbeit zu einem Freund geworden. Für den zweiten Teil des Abends habe ich nach einem Komponiste­n gesucht, der auch thematisch passt. Und das trifft auf die von Richard Strauss vertonten Gedichte von Hermann Hesse und Joseph von Eichendorf­f unbedingt zu. Ich bin ja ein ganz großer Lieder-Fan und habe unter anderem Richard Wagners Wesendonk-Lieder für einen dreiteilig­en Ballettabe­nd in Würzburg choreograf­iert, der später auch in Kiel und Leipzig zu sehen war. Für Kiel hatte ich zudem die Strauss-Oper Salome inszeniert. Den Komponiste­n verehre ich schon sehr lange. Wie er in den vier Liedern musikalisc­h den ewigen Kreislauf in der Natur beschreibt, das Werden, Wachsen und Vergehen, das greift mir ans Herz. Mit dem Philharmon­ischen Orchester Altenburg-Gera, den Damen des Opernchore­s, der Sopranisti­n Anne Preuß und dem Thüringer Staatsball­ett vereinen Sie in Ihrem Ballett fast alle Sparten des Hauses... Ich bin glücklich, dass wir mit dem Philharmon­ischen Orchester und

dem Opernchor so großartige Klangkörpe­r haben, denn die Musik von Liszt und Strauss muss einfach live gespielt und gesungen werden, alles andere wäre Frevel. Und dass unsere fantastisc­he Sopranisti­n Anne Preuss zu begeistern weiß, hat sie mehrfach bewiesen. Wie sie die Strauss-Lieder interpreti­ert, das geht ganz tief unter die Haut. Ich liebe diese gemeinsame Arbeit und bin dankbar und froh, dass das Timing für diesen Ballettabe­nd in allen Sparten gepasst hat.

Wie werden Sie tänzerisch diesen anspruchsv­ollen Themen gerecht?

Ich inszeniere ein klassische­s Ballett mit abstrakten Bildern. Eine Handlung, zumindest einen roter Faden wird es aber trotzdem geben, schon allein durch die Figur Dantes, die sowohl bei Liszt im ersten Teil, aber auch im zweiten auftreten wird. Neben Dante spielt Beatrice eine große Rolle, die in Dante Alighieris „Die Göttliche Komödie“, aber auch als unglücklic­he Liebe im Leben des Dichters verbrieft ist. Auf ihrem Weg vom Inferno in der Hölle und im Fegefeuer bis zum Paradies begegnen ihnen unter anderem tote Seelen und ein Ehepaar, dass auf ewig durch die Höllenkrei­se aneinander gebunden ist. Im zweiten Teil schließlic­h treffen sich Dante und Beatrice auf ganz besondere Weise. Das ganze Ballettens­emble ist auf der Bühne zu erleben, in kraftvolle­n Gruppencho­reografien ebenso wie in Duetten und Soli. Auch Andreas Auerbach als Ausstatter steuert tolle Ideen bei, wir arbeiten erstmals mit Lasertechn­ik, allein 150 Lichtwechs­el wird es geben. Wir sind gespannt auf die Reaktionen des Publikums.

„Wie Strauss in den vier Liedern musikalisc­h den ewigen Kreislauf in der Natur beschreibt, das Werden, Wachsen und Vergehen, das greift mir ans Herz.“Silvana Schröder, Ballettdir­ektorin

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Das Thüringer Staatsball­ett bringt Silvana Schröders Ballettura­ufführung „Eine infernalis­che Reise/ Letzte Lieder“heraus, mit Viktor Koldamov, Vitalij Petrov, Filip Kvacak, Stefania Mancini und Hudson Oliveira (von links nach rechts). Fotos (): Sabina...
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