Ostthüringer Zeitung (Saalfeld)
Verwirrung und Verzerrung
Kennen Sie Geocaching? Wenn ja, wissen Sie, wie viel Spaß diese moderne Schatzsuche macht. Wenn nicht, sollten Sie es unbedingt mal ausprobieren. Vor allem die sogenannten Mysteries sind reizvoll. Da muss zunächst ein Rätsel gelöst werden, um die Schatzkoordinaten zu erhalten. Meistens ohne Hinweis, wie man überhaupt zum Ergebnis kommt. Nicht selten stochert man tagelang im Nebel, bis einem ein Licht aufgeht.
Während der EM ist wenig Zeit für Geocaching. Und doch stellte uns die Uefa vor ein Rätsel, das uns schier zur Verzweiflung brachte. Oder hatten Sie irgendwann den Durchblick, wer im Achtelfinale gegen wen und vor allem warum antreten muss? Weshalb ist der deutsche Gegner die Slowakei und nicht Portugal, obwohl im Spielplan die Dritten der Gruppen A, B oder F als Kontrahenten angegeben waren?
Der Fußball ist auch deshalb so erfolgreich, weil er leicht zu verstehen ist. Aber dieser Vorrunden-Modus war alles andere als verständlich. Er stiftete allerorts Verwirrung und glich einer Farce. Wenn ein Quervergleich über sechs Gruppen und vier Tage hinweg die EM-Zukunft sein soll, wenden Sie sich in dieser Zeit lieber dem Geocaching zu. Wenn man beim Mystery nämlich den richtigen Zugang gefunden hat, erschließt sich einem wenigstens dessen Logik.
Ganz zu schweigen von der Wettbewerbsverzerrung, die mit dem Modus Einzug gehalten hat. Die Albaner, die drei Tage darauf warten mussten, bis sie die Koffer packen durften; die Italiener, die zum Abschluss mit einer B-Elf antraten und damit Irland zum Weiterkommen verhalfen; die Engländer und Slowaken, die wussten, dass ihnen ein Remis reichen würde und
0:0 spielten – Szenarien, die die Uefa ei-gentlich ausschließen wollte.
Und die das Setzsystem entlarvte: als großen Mist.