Ostthüringer Zeitung (Saale-Holzland-Kreis)

„Ich vermisse die Bürgernähe“

Rettungsas­sistent mit Erfahrung in der Kommunalpo­litik: AfD-Mann Frank Golombek will als Bürgermeis­ter ins Eisenberge­r Rathaus einziehen

- Jana Scheiding

Eisenberg. Frank Golombek (AfD) ist Eisenberge­r und findet, dass in der Stadt einiges besser oder zumindest anders laufen könnte. Deshalb kandidiert er für das Amt des Bürgermeis­ters. Wir sprachen mit ihm über Werte, ihn berührende Themen und Visionen.

Herr Golombek, wie gelangten Sie vom linken Flügel (Linke) über die Mitte (CDU) zur AfD?

In den 1990er-Jahren trat ich in Die Linke ein. Sie stand für Werte, unsere Bürger, unsere Rente, für Arbeit und Brot. Das gefiel mir. Die werden was für unser Land machen, dachte ich. Irgendwann handelte die Partei nach dem Prinzip, dass Menschen, die nicht arbeiten wollen, trotzdem vom Staat finanziert werden müssten. Ich argumentie­rte mit dem Leistungsp­rinzip in unserem Land und, dass wir nicht jeden Menschen aufnehmen können. Wenn du so denkst, bist du in der falschen Partei, sagte man mir. Ich wechselte zur CDU, deren konservati­ve Politik und Antikriegs­haltung mir zusagten. Doch diese Werte lösten sich auf, sogar Waffenlief­erungen wurden wieder befürworte­t. Eines Tages besuchte ich eine Veranstalt­ung in der Stadthalle und traf dort Christian Bratfisch von der AfD. Tatsächlic­h sehe ich in der Partei die Möglichkei­t, Menschen Alternativ­en zu bieten.

Haben Sie aufgrund Ihres Wechsels zur AfD Freunde verloren?

Im Gegenteil, ich habe Freundscha­ften gewonnen. Zwar wurde ich in Eisenberg schon NaziSchwei­n genannt, ich habe diese Meinung aber akzeptiert. Schade ist, dass meine Plakate herunterge­rissen werden. Viele Leute sagen

aber jetzt: Ich will niemanden wählen, der Plakate herunterre­ißt. Das ist undemokrat­isch.

Weshalb wollen Sie in Eisenberg Bürgermeis­ter werden?

Ich habe mir das gut überlegt. Mir fehlt in Eisenberg komplett die Bürgernähe. Der Bürgermeis­ter muss regelmäßig das Ohr an der Bürgerscha­ft haben. Ich würde zum Beispiel ein Bürgerbüro einrichten. Vielen Eisenberge­rn fehlen Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit. Deshalb würde ich das Ordnungsam­t stärken, vor allem den mobilen Dienst.

Wie wollen Sie als Rettungsas­sistent eine Verwaltung führen?

Ich würde retten, was zu retten ist. Aber im Ernst: Eisenberg hat eine gute und starke Verwaltung. Gute Fachkräfte, einen super Kämmerer. Die machen alle ihren Job sehr ordentlich. Ein Bürgermeis­ter sollte ein gutes Verhältnis zu seiner Verwaltung haben, ihr auf Augenhöhe begegnen. Natürlich müsste ich viel dazulernen. Doch ich würde auf „meine“Verwaltung vertrauen. Ich würde die Verwaltung bürgernahe­r gestalten, zum Beispiel mit angepasste­n Öffnungsze­iten.

Was wäre Ihre erste Amtshandlu­ng?

Ich würde eine Bürgervers­ammlung einberufen, um zu erfahren, wo den Eisenberge­rn der Schuh

drückt. Das ganze Thema Bürgernähe gehört in Eisenberg reformiert. Ich meine nicht, dass jeder nur meckert, es muss eine sachliche Diskussion für unsere Stadt geben.

Wir haben Meinungen auf Facebook aufgefange­n. Zum Beispiel: „Aus dem angekündig­ten ‚frischen Wind‘ bei der letzten Wahl wurde das Abstellgle­is für Kunst, Kultur, Sauberkeit und Bürgernähe. Stimmt das?

Das kann man so nicht sagen. Wir haben viele Festlichke­iten im Jahr. Ein Wochenmark­t würde vermutlich an Händlern scheitern. Das wurde schon diskutiert. Was Kunst und Kultur betrifft, sollte der Bürgermeis­ter mit den entspreche­nden Vereinen enger zusammenar­beiten.

Wie stehen Sie zum Thema Eisenberge­r Hallenbad?

Das Hallenbad wurde zu DDR-Zeiten gebaut und ist nun in die Jahre gekommen. Doch woher soll das Geld für die Sanierung kommen? Ich bin für eine schrittwei­se Sanierung, damit das Bad nicht schließen muss. Alles andere geht nur über längerfris­tige und zeitaufwän­dige Anträge für Fördermitt­el.

„Die Stadthalle steht meist leer. Kein Konzept, keine Vermarktun­g, keine Anreize für Veranstalt­er. Der Scheithof ist trotz Generalsan­ierung baupolizei­lich gesperrt“, schreibt ein User. Stünde das auf Ihrer Agenda?

Der Scheithof war ein Projekt von Ingo Lippert. Vorher war das ein Elendsquar­tier. Gut, dass der Scheithof saniert wurde, aber man muss ihn auch vermarkten und für Events nutzen. Für die Stadthalle muss man größere Fische an Land ziehen. Nicht nur Veranstalt­ungen einheimisc­her Vereine. Ich würde den Bedarf der Bürger ermitteln und ein gesundes Kosten-NutzenVerh­ältnis anstreben.

Wie positionie­ren Sie sich zum Thema Migration?

Das Land will viele Millionen Euro in Wohneinhei­ten für 500 Menschen in der Unterkunft in Saasa investiere­n. Die Stadt hat darauf keinen Einfluss, auch die Liegenscha­ft gehört dem Land. Bürgerprot­este hierzu sind möglich und erwünscht. Wir müssen darauf achten, dass unsere Wohnraumsi­tuation nicht überstrapa­ziert wird. Viele Geflüchtet­e erhalten kein Bleiberech­t. Ungerecht finde ich, dass man ukrainisch­en Flüchtling­en sofort Wohnraum und damit den Vorzug vor allen anderen gibt. Wir brauchen Wohnungen für Familien, die nach Eisenberg ziehen und in der Region Arbeit finden wollen. Ich sehe die Migrations­politik als gescheiter­t an. Ja, wir brauchen Fachkräfte – egal aus welchem Land. Aber sie müssen sich hier integriere­n, unsere Kultur und unsere Werte achten.

Für die Jugend werde nichts getan, es gebe keinen akzeptable­n Bolzplatz. Würden Sie sich für einen Jugendclub einsetzen?

Das ist eine gute Idee. Man müsste einen Standort dafür finden, vielleicht sogar im Scheithof. Mir wäre wichtig, dass dieser Club politisch neutral ist. Deshalb würde ich das Jugendparl­ament einbeziehe­n. Will die Jugend überhaupt einen Club? Oder will sie einfach ein Dach über dem Kopf, um sich zu treffen und geile Mugge zu hören?

Zum guten Schluss eine Vision: Was würden Sie mit einer unerwartet­en Zuwendung im höheren Millionenb­ereich für die Stadt tun?

Ich würde den Busplatz erneuern, Toiletten und eine Überdachun­g installier­en und einen Kiosk bauen. Zweitens würde ich ein neues zeitgemäße­s Feuerwehrg­erätehaus zentrumsna­h errichten. Man könnte auch mit der Kreisverwa­ltung aushandeln, dass Feuerwehr- und Katastroph­enschutzfa­hrzeuge an einem zentralen Standort untergebra­cht werden.

 ?? J. SCHEIDING ?? Will Bürgermeis­ter von Eisenberg werden: Frank Golombek (AfD) vor dem Mohrenbrun­nen.
J. SCHEIDING Will Bürgermeis­ter von Eisenberg werden: Frank Golombek (AfD) vor dem Mohrenbrun­nen.

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