Ostthüringer Zeitung (Rudolstadt)
Stadt ist stolz auf solchen Klangkörper
Weihnachtsoratorium in der Stadtkirche: Verstärkter Chor strahlte in allen Passagen Sicherheit und Singefreudigkeit aus
Rudolstadt. Das Weihnachtsoratorium ist wohl das populärste aller geistlichen Vokalwerke von Johann Sebastian Bach und zählt zu seinen berühmtesten und eindrucksvollsten geistlichen Kompositionen, das sich durch besondere Pracht und Anmut auszeichnet.
Auch für viele Musikfreunde unserer Region ist es zur festen Tradition geworden, sich mit einer Aufführung des Werkes auf das Weihnachtsfest einzustimmen. Unter der Leitung von Kirchenmusikdirektorin Katja Bettenhausen brachte der Rudolstädter Oratorienchor, begleitet von den Thüringer Symphonikern, am dritten Adventsonntag die Kantaten I-III des Werkes in der voll besetzten Rudolstädter Stadtkirche zur Aufführung. Die Solisten waren Reglint Bühler (Sopran), Thomas Riede (Altus), Kristian Sorensen (Tenor) und Matthias Dill (Bass) mit der Orgelbegleitung durch Kantor Frank Bettenhausen.
Markante Paukenschläge und ein fünftöniges Motiv, das vom Chor mit den Worten „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage“und Trompeten mit einem fanfarenartig aufwärts strebenden Signal aufgegriffen wurde, eröffneten das Konzert. Nur wenige Werke der musikalischen Weltliteratur können mit solchem effektvollen Anfang aufwarten.
Nach dem strahlenden Eingangschor setzte Kristian Sorensen als Evangelist mit seinen Rezitativen ein und interpretierte ausdrucksstark, gut artikuliert und verständlich die Weihnachtsgeschichte nach biblischem Text. Bereits bei seiner ersten Arie, „Bereite dich Zion“, brachte Thomas Riede die vielfachen Facetten seiner Stimme hinsichtlich der Gestaltung des Wort-Ton-Verhältnisses zur Geltung. Der erste Choral, „Wie soll ich dich empfangen“, wurde vom Chor sehr verhalten gesungen und erinnerte an die Passionsmelodie von „O Haupt von Blut und Wunden“, die ja eigentlich ursprünglich ein Tanzlied war und von Bach, wie mehrere Melodien des Werkes, durch Kontrafaktur übernommen worden war.
Mit der bravourösen Arie „Großer Herr, und starker König“glänzte Matthias Dill (Bass) mit gelungenen Koloraturen. Sauber musiziert und stimmungsvoll wurde vom Orchester das gemeinsam- wechselchörige Musizieren der Hirten (Oboen) mit den Engeln (Streicher und Flöten) gestaltet.
Mittelpunkt des zweiten Teiles bildete das sanft wiegende Schlummerlied „Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh“, dessen Thema erst vom Orchester intoniert, dann von Thomas Riede mit einfühlsamer weicher Stimme aufgenommen wurde. Sehr schön interpretiert wurde das Duett „Herr, dein Mitleid“, in dem die ausdrucksstarken Stimmen von Reglint Bühler und Matthias Dill mit den Holzbläsern ideal verschmolzen. Ob in den Rahmenchören oder in den lyrischen Chorälen, in homophonen oder polyphonen Passagen, immer strahlte der durch Zuwachs verstärkte Chor Sicherheit und Singefreudigkeit aus. Die Stadt kann stolz auf diesen Klangkörper sein, der nicht mehr aus ihrem Musikleben weg zu denken ist.
Entsprechend fiel der lang anhaltende Applaus aus, mit dem sich die Konzertbesucher für diese vorweihnachtliche Einstimmung bei Katja Bettenhausen und allen Beteiligten bedankten.
„Großer Herr und starker König“