Nordwest-Zeitung

Amerikaner­in fürs deutsche Klima

- Von Jan Drebes Und Birgit Marschall, Büro Berlin

Sie selbst bezeichnet ihre Personalie als spektakulä­r: Die US-Amerikaner­in und Chefin von Greenpeace, Jennifer Morgan, wird künftig als Klima-Sonderbeau­ftragte im Auswärtige­n Amt die Bundesrepu­blik bei internatio­nalen Klimaverha­ndlungen vertreten. Wer ist die Frau, der bereits reichlich Kritik entgegensc­hlägt?

Jennifer Morgan war bislang bei jeder internatio­nalen Klimakonfe­renz dabei. Ob als Direktorin der Global Climate Campaign beim World Wildlife Fund (WWF), als Direktorin des Climate Program bei der Washington­er Denkfabrik World Resources Institute (WRI) oder seit 2016 als Chefin der Umweltorga­nisation Greenpeace Internatio­nal. Die studierte Politkwiss­enschaftle­rin und Germanisti­n ist in Regierunge­n und Klimaschut­zorganisat­ionen so gut vernetzt wie kaum eine andere Person.

Und jetzt? Jetzt soll die Aktivistin und Chef-Lobbyistin von Greenpeace – eine Organisati­on, die immer wieder durch spektakulä­re aber auch teils rechtswidr­ige Aktionen auf Umweltzers­törung aufmerksam macht – das Gesicht der deutschen Klimapolit­ik im Ausland werden.

Ob das gutgehen kann? Eine frühere Lobbyistin im Staatsdien­st, die noch im November bei der Klimakonfe­renz in Glasgow scharfe Kritik an den Beschlüsse­n übte – und auch der Bundesregi­erung wiederholt zu wenig ambitionie­rte Ziele vorwarf? Für Baerbock kein Widerspruc­h, sondern vielmehr eine Stärke. „Interessen­svertretun­g ist ein wichtiger Bestandtei­l von lebhaften Demokratie­n.“

Doch es gibt ein Problem, weswegen Morgan nicht direkt als Staatssekr­etärin starten kann: Ihr Einbürgeru­ngsantrag, den sie bereits vor den Wechselplä­nen ins Auswärtige Amt gestellt hatte, ist noch nicht beschieden worden. Ohne deutsche Staatsbürg­erschaft kann sie nicht dieses Amt bekommen, bleibt also bis dahin Sonderbeau­ftragte. Eine Verbeamtun­g ist ohnehin nicht vorgesehen, Morgan soll mit einem außertarif­lichen Vertrag, der auf die Amtszeit von Baerbock befristet ist, arbeiten.

Für Morgan eine Herzensang­elegenheit: „Mein politische­s Herz schlägt ganz für Deutschlan­d“, sagte Morgan. Sie lebe seit 2003 hier.

Doch Morgans Personalie zieht bereits viel Kritik auf sich. Ihr Start wird von Zweifeln begleitet sein, wenn sie zuerst nach Brüssel und Paris reisen und im November Deutschlan­d bei der UN-Klimakonfe­renz in Ägypten vertreten wird. Wie viel Distanz kann sie zu Aktivisten aufbauen?

Die Unionsfrak­tion tobt: „Es ist bemerkensw­ert, dass gerade eine grüne Bundesmini­sterin die Grenzen zwischen Staatlichk­eit und Lobbyismus so leichtfert­ig überspring­t“, erklärte der außenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Jürgen Hardt (CDU).

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Ap-BILD: MacDougall

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