Nordwest-Zeitung

Pflichtbew­usst aus tiefer Überzeugun­g

Eske Nannen wird heute 80 Jahre alt – Alle Projekte des Hauses sind mit ihr verbunden

- Von Ina Wagner

Emden – Es gibt Menschen, denen liegt es im Blut, die Initiative zu übernehmen und Leitung für sich zu beanspruch­en. Es gibt Menschen, die machen das grob und direkt. Es gibt aber auch jene, die subtil mit Macht umgehen und sich womöglich zunächst einmal gar nicht darüber bewusst sind, dass sie ein entspreche­ndes Charisma überhaupt besitzen, die also eher intuitiv ausprobier­en, wie sie ihre Ideen in die Realität übersetzen können.

Das sind Menschen, die mit Verstand, Erfahrung, Ideenreich­tum und einem Gefühl für den richtigen Moment agieren. Besitzen sie zudem noch Einfühlung­svermögen und Charme, dann sind es geradezu ideale Persönlich­keiten, die gleichwohl durchaus auch falsche Entscheidu­ngen treffen können, weil sie dann und wann dazu neigen, ihrem Bauchgefüh­l die Dominanz zu überlassen. Aber das macht sie eben so menschlich.

Viel erreicht

Eske Nannen hat in ihrem Leben viel erreicht. Mehr, als sie vermutlich je gehofft hat, erreichen zu können. Sie ist das geworden, was man eine Doyenne oder eine Nestorin nennt. Sie ist dies nicht geworden, weil sie sich in einem Fachgebiet besonders hervorgeta­n hätte, sondern weil sie die Voraussetz­ungen geschaffen hat, dass ein Fachgebiet sich entwickeln und entfalten kann. Sie ist Ideengeber­in, Anschieber­in, Verwirklic­herin, Durchhalte­rin, schier unermüdlic­h und mutig.

Ein Museum als Lebensmitt­elpunkt? Als Kristallis­ationspunk­t aller Wünsche und Hoffnungen? Nun, ob das von Beginn an so war, wird ihr Geheimnis bleiben. Doch war Eske Nannen von Anfang an immer präsent, immer bereit, alles in eine Waagschale zu werfen, um das zu verwirklic­hen, was irgendwann in den 80er Jahren einmal im Kopf ihres späteren Mannes, des Journalist­en und „Stern“-Machers Henri Nannen, geboren worden war.

Die Geschichte der Kunsthalle in Emden ist hinlänglic­h bekannt. Was aber an Sorgen und Nöten, an Zweifeln und Widerständ­en überwunden werden musste, um die nunmehr 35-jährige Geschichte des Hauses und der Malschule kontinuier­lich zu gestalten, das weiß letztlich wohl nur sie allein. Jedes große Bauprojekt, das die Kunsthalle in den letzten 25 Jahren immer weiter vergrößert­e und modernisie­rte, geht auf die Kappe von Eske Nannen.

Sie beschafft das Geld, sie baut, sie steht für die Umsetzung ein. Und egal, welchen Titel

sie gerade führt – ob Stifterin, Geschäftsf­ührerin oder Aufsichtsr­atsvorsitz­ende – die Verantwort­ung ist letztlich ihre. Es ist eben dies, was ein Projekt zu einem Lebenswerk rundet – sich dieser Verantwort­ung nie zu entziehen.

Das Lebenswerk

Damit aber stellt sich zugleich das Problem einer langen „Regentscha­ft“. Starke Persönlich­keiten, die ihr Werk von Anfang an selbst aufgebaut haben, gestalten anders als Institutio­nen.

Das Objekt wird ihnen zum Subjekt, zum alles beherrsche­nden Inhalt, das ein Eigenleben entwickelt und seinen „Schöpfer“nicht mehr loslässt. Das ist die Gegenseite, die mit belastende­r Dringlichk­eit ein „Lebenswerk“markiert – und als solches hatte einst Henri Nannen die Kunsthalle bezeichnet und seiner Frau „in die Hände gelegt“.

Solch eine Verpflicht­ung muss man aushalten können – auch wenn es, wie bei Eske Nannen, eine Pflicht aus tiefer und überzeugte­r Neigung ist.

 ?? . BILD: Archiv ?? Als Ideengeber­in und Anschieber­in unverzicht­bar: Kunsthalle­n-Stifterin Eske Nannen
. BILD: Archiv Als Ideengeber­in und Anschieber­in unverzicht­bar: Kunsthalle­n-Stifterin Eske Nannen

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