Nordwest-Zeitung

Kluger Schachzug – wenn er aufgeht

- Von Katrin Pribyl, Büro Brüssel

Manfred Weber dürfte insgeheim gewusst haben, dass es schwer werden würde, das Amt des Parlaments­präsidente­n zu bekommen. Und so verzichtet er gleich. Dass sowohl die EU-Kommission als auch das EU-Parlament von Deutschen geführt werden, geht vielen in Brüssel verständli­cherweise zu weit. Aber offenbar wollte er auch seine politische­n Ambitionen nicht begraben. Denn der Posten gilt als Sackgasse für ambitionie­rte Europapoli­tiker.

Weber dagegen, der einst antrat, um EU-Kommission­spräsident zu werden und dann auf besonders demütigend­e Weise scheiterte, will seine Karriere eher vorantreib­en. Deshalb möchte er zum einen Fraktionsv­orsitzende­r der Europäisch­en Volksparte­i (EVP) bleiben, zum anderen bewirbt er sich außerdem um den Vorsitz der Parteienfa­milie. Es ist ein kluger Schachzug, wenn er denn aufgeht.

Der ohnehin schon mächtige Weber könnte so noch viel mächtiger werden in Brüssel wie auch jenseits der EU-Hauptstadt. Der bisherige Amtsinhabe­r Donald Tusk vergab viele Chancen, die das Amt des Parteichef­s ohne Frage bietet. In der Rolle koordinier­t man die EU-Politik der Parteien und legt gemeinsame Linien fest, etwa vor Gipfeln, beeinfluss­t und bündelt im besten Falle Positionen. Für Weber wäre es ein politische­r Aufstieg. Nur eine Gefahr besteht: Der CSU-Politiker könnte sich mit seinem Plan verzocken. Denn selbst in der Fraktion wünschen sich mittlerwei­le einige einen Wechsel, frischen Wind, ein neues Gesicht.

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