Kluger Schachzug – wenn er aufgeht
Manfred Weber dürfte insgeheim gewusst haben, dass es schwer werden würde, das Amt des Parlamentspräsidenten zu bekommen. Und so verzichtet er gleich. Dass sowohl die EU-Kommission als auch das EU-Parlament von Deutschen geführt werden, geht vielen in Brüssel verständlicherweise zu weit. Aber offenbar wollte er auch seine politischen Ambitionen nicht begraben. Denn der Posten gilt als Sackgasse für ambitionierte Europapolitiker.
Weber dagegen, der einst antrat, um EU-Kommissionspräsident zu werden und dann auf besonders demütigende Weise scheiterte, will seine Karriere eher vorantreiben. Deshalb möchte er zum einen Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) bleiben, zum anderen bewirbt er sich außerdem um den Vorsitz der Parteienfamilie. Es ist ein kluger Schachzug, wenn er denn aufgeht.
Der ohnehin schon mächtige Weber könnte so noch viel mächtiger werden in Brüssel wie auch jenseits der EU-Hauptstadt. Der bisherige Amtsinhaber Donald Tusk vergab viele Chancen, die das Amt des Parteichefs ohne Frage bietet. In der Rolle koordiniert man die EU-Politik der Parteien und legt gemeinsame Linien fest, etwa vor Gipfeln, beeinflusst und bündelt im besten Falle Positionen. Für Weber wäre es ein politischer Aufstieg. Nur eine Gefahr besteht: Der CSU-Politiker könnte sich mit seinem Plan verzocken. Denn selbst in der Fraktion wünschen sich mittlerweile einige einen Wechsel, frischen Wind, ein neues Gesicht.
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