Neues Impfschema bei Astrazeneca
Niedersachsen will Stiko-Empfehlung rasch umsetzen – Hausärzte verärgert über Änderung
Niedersachsen und die übrigen Bundesländer wollen die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zur sogenannten Corona-Kreuzimpfung sofort umzusetzen. Die Stiko hatte empfohlen, dass nach einer ersten Dosis Astrazeneca als zweite Dosis ein mRNAImpfstoff (Biontech oder Moderna) gegeben werden soll. Das wirft viele Fragen auf.
Wie wird die Entscheidung bewertet?
„Ich halte die Entscheidung der Ständigen Impfkommission für richtig und medizinisch geboten“, sagte der SPDGesundheitsexperte Karl Lauterbach. „Die Impfwirkung mit Astrazeneca als Erstimpfung und einem mRNA-Impfstoff als Zweitimpfung ist vergleichbar hoch wie die einer reinen Impfung mit Biontech oder Moderna. Damit wird der Astrazeneca-Impfstoff aufgewertet und kann für die Erstimpfungen der Älteren als wichtiges Instrument der Pandemiebekämpfung eingesetzt werden.“Er werbe dafür, sich für eine Kreuzimpfung zu entscheiden. Scharfe Kritik kommt von der Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN). „Damit werden neue und unnötige Hürden für das praktische Impfmanagement in den Praxen aufgebaut“, sagte KVN-Vorstandsvorsitzender Mark Barjenbruch am Freitag in Hannover. Die Stiko-Empfehlung stelle die Planungen in den Arztpraxen auf den Kopf. Der organisatorische Aufwand sei riesig.
Was sollen Patienten tun, wenn der Zweittermin mit Astrazeneca bald ansteht?
Die KVN rät, dass Betroffene sich mit ihrem Arzt in Verbindung setzen sollen. Kommende Woche werden 220 000 Dosen Biontech geliefert, so Barjenbruch. Sie seien bereits verplant; eine Nachbestellung nicht möglich.
Erlaubt die Situation einen spontanen Wechsel?
In der nächsten Woche könnte es Probleme geben, denn die niedergelassenen Ärzte mussten ihre Bestellung bereits am Dienstag der Vorwoche aufgeben. Natürlich auch mit einem entsprechenden Anteil an Astrazeneca. Daher könne die Empfehlung der Stiko in den Praxen nicht so kurzfristig umgesetzt werden, so Barjenbruch.
Was ist mit Terminen im Impfzentrum?
Impfzentren, die vor Ort ausreichend mRNA-Impfstoff zur Verfügung haben, konnten bereits ab Freitag nach der StikoEmpfehlung verfahren, sagte Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD). Die Umstellung auf die Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff erfolge ab der kommenden Woche dann grundsätzlich automatisch. Ein Anruf bei der Hotline des Landes oder die Kontaktaufnahme zum Impfzentrum sei dafür nicht erforderlich. Außerdem wird das Impfintervall nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca auf sechs Wochen verkürzt.
Kann man auch zweimal Astrazeneca nehmen?
Ja, sagt Behrens. Personen, die auch die zweite Impfung mit Astrazeneca erhalten möchten, können dies vor Ort beim Termin im Impfzentrum äußern und werden entsprechend mit diesem Impfstoff geimpft. Derzeit warten rund 390 000 Menschen in Niedersachsen nach der Erstimpfung mit Astrazeneca auf ihre Zweitimpfung.
Gibt es überhaupt genug mRNA-Impfstoffe?
Die Impfzentren sollten im Juli überwiegend mit Astrazeneca beliefert werden. Niedersachsen werde den Bund nun bitten, die Liefermengen der Impfstoffe von Biontech und Moderna deutlich zu erhöhen, erklärte Behrens.