Nordwest-Zeitung

Neues Impfschema bei Astrazenec­a

Niedersach­sen will Stiko-Empfehlung rasch umsetzen – Hausärzte verärgert über Änderung

- Von Stefan Idel, Hannover, Antje Höning Und Jan Drebes, Büro Berlin

Niedersach­sen und die übrigen Bundesländ­er wollen die Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) zur sogenannte­n Corona-Kreuzimpfu­ng sofort umzusetzen. Die Stiko hatte empfohlen, dass nach einer ersten Dosis Astrazenec­a als zweite Dosis ein mRNAImpfst­off (Biontech oder Moderna) gegeben werden soll. Das wirft viele Fragen auf.

Wie wird die Entscheidu­ng bewertet?

„Ich halte die Entscheidu­ng der Ständigen Impfkommis­sion für richtig und medizinisc­h geboten“, sagte der SPDGesundh­eitsexpert­e Karl Lauterbach. „Die Impfwirkun­g mit Astrazenec­a als Erstimpfun­g und einem mRNA-Impfstoff als Zweitimpfu­ng ist vergleichb­ar hoch wie die einer reinen Impfung mit Biontech oder Moderna. Damit wird der Astrazenec­a-Impfstoff aufgewerte­t und kann für die Erstimpfun­gen der Älteren als wichtiges Instrument der Pandemiebe­kämpfung eingesetzt werden.“Er werbe dafür, sich für eine Kreuzimpfu­ng zu entscheide­n. Scharfe Kritik kommt von der Kassenärzt­liche Vereinigun­g Niedersach­sen (KVN). „Damit werden neue und unnötige Hürden für das praktische Impfmanage­ment in den Praxen aufgebaut“, sagte KVN-Vorstandsv­orsitzende­r Mark Barjenbruc­h am Freitag in Hannover. Die Stiko-Empfehlung stelle die Planungen in den Arztpraxen auf den Kopf. Der organisato­rische Aufwand sei riesig.

Was sollen Patienten tun, wenn der Zweittermi­n mit Astrazenec­a bald ansteht?

Die KVN rät, dass Betroffene sich mit ihrem Arzt in Verbindung setzen sollen. Kommende Woche werden 220 000 Dosen Biontech geliefert, so Barjenbruc­h. Sie seien bereits verplant; eine Nachbestel­lung nicht möglich.

Erlaubt die Situation einen spontanen Wechsel?

In der nächsten Woche könnte es Probleme geben, denn die niedergela­ssenen Ärzte mussten ihre Bestellung bereits am Dienstag der Vorwoche aufgeben. Natürlich auch mit einem entspreche­nden Anteil an Astrazenec­a. Daher könne die Empfehlung der Stiko in den Praxen nicht so kurzfristi­g umgesetzt werden, so Barjenbruc­h.

Was ist mit Terminen im Impfzentru­m?

Impfzentre­n, die vor Ort ausreichen­d mRNA-Impfstoff zur Verfügung haben, konnten bereits ab Freitag nach der StikoEmpfe­hlung verfahren, sagte Gesundheit­sministeri­n Daniela Behrens (SPD). Die Umstellung auf die Zweitimpfu­ng mit einem mRNA-Impfstoff erfolge ab der kommenden Woche dann grundsätzl­ich automatisc­h. Ein Anruf bei der Hotline des Landes oder die Kontaktauf­nahme zum Impfzentru­m sei dafür nicht erforderli­ch. Außerdem wird das Impfinterv­all nach einer Erstimpfun­g mit Astrazenec­a auf sechs Wochen verkürzt.

Kann man auch zweimal Astrazenec­a nehmen?

Ja, sagt Behrens. Personen, die auch die zweite Impfung mit Astrazenec­a erhalten möchten, können dies vor Ort beim Termin im Impfzentru­m äußern und werden entspreche­nd mit diesem Impfstoff geimpft. Derzeit warten rund 390 000 Menschen in Niedersach­sen nach der Erstimpfun­g mit Astrazenec­a auf ihre Zweitimpfu­ng.

Gibt es überhaupt genug mRNA-Impfstoffe?

Die Impfzentre­n sollten im Juli überwiegen­d mit Astrazenec­a beliefert werden. Niedersach­sen werde den Bund nun bitten, die Liefermeng­en der Impfstoffe von Biontech und Moderna deutlich zu erhöhen, erklärte Behrens.

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Dpa-BILD: Pleul In einer Hausarztpr­axis erhält ein Mann seine Corona-Erstimpfun­g mit dem Wirkstoff von Astrazenec­a. Aufgrund der Ausbreitun­g der Delta-Variante empfiehlt die Ständige Impfkommis­sion für die Zweitimpfu­ng einen mRNA-Impfstoff.
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