Nordwest-Zeitung

Welche neuen Koalitione­n denkbar sind

Nach den Umfragen ist am ehesten mit Schwarz/Grün oder Jamaika zu rechnen

- Von Birgit Marschall Und Gregor Mayntz, Büro Berlin

Berlin – Deutschlan­d steuert auf eine der spannendst­en Bundestags­wahlen zu. Denn erstmals hat eine Kanzlerin angekündig­t, nicht nochmals anzutreten. Es gibt keinen Amtsbonus mehr für die Union. Und die SPD will nicht mehr in eine Große Koalition. Neue Bündnisse sind wahrschein­lich. Ein Farbenspie­l der möglichen Konstellat­ionen:

■ Schwarz-Grün

Eine Koalition aus CDU/CSU und Grünen hätte nach den Umfragen der vergangene­n Monate eine stabile Mehrheit. Die Grünen würden dieses Bündnis freilich nur eingehen, wenn sie nicht mit einem anderen Bündnis die Kanzlerin stellen könnten. Mit CSU-Chef Markus Söder, ein Fan von Schwarz/Grün, als Kanzlerkan­didat hätten die Grünen ein leichteres Spiel gehabt als mit CDU-Kandidat Armin Laschet, der in Nordrhein-Westfalen mit der FDP regiert. GrünenChef Robert Habeck spekuliert auf das Finanzmini­sterium. Co-Chefin Annalena Baerbock könnte sich wegen ihrer Patzer im Wahlkampf die Chancen auf ein Ministeram­t verbauen. „Die Union setzt sich derzeit immer stärker ab. Es sieht so aus, als werde es ohne sie keine Regierung geben. Stand heute ist am ehesten mit Schwarz/Grün oder Jamaika nach der Wahl zu rechnen“, sagt Manfred Güllner, Chef des Berliner Meinungsfo­rschungsin­stituts Forsa. „Schwarz/Grün erreicht seit März stabil etwa 49 Prozent“, ergänzt der Bonner Politikwis­senschaftl­er Frank Decker.

■ Jamaika

Reicht es nicht für Schwarz/ Grün, würde sich Laschet freuen, die FDP mit ins Boot zu holen. Von allen vier beteiligte­n Parteien würde das Bündnis in den Farben der jamaikanis­chen Flagge gewollt. FDPChef Christian Lindner hatte es 2017 platzen lassen, das würde er jetzt nicht tun. Damals fühlte sich die FDP nur als Mehrheitsb­eschafferi­n benutzt. Den Fehler bei den Verhandlun­gen dürfte Laschet nicht wiederhole­n. Wenn sich die Verhandler ein Beispiel an der Kieler Jamaika-Koalition nehmen, kommen sie schnell zusammen.

■ Schwarz-Gelb

Nicht völlig ausgeschlo­ssen. Wenn die Linke haarscharf an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, dann müssen Union und FDP nur noch wenige Prozentpun­kte zulegen, um die Mehrheit zu erringen. An die letzte Schwarz/Gelb-Kombinatio­n im Bund haben beide Seiten aber schlechte Erinnerung­en. Allerdings funktionie­rt die Neuauflage in Düsseldorf zur größten Zufriedenh­eit. Problem: Die Grünen würden im Bundesrat fast jedes Gesetz blockieren können.

■ Ampelkoali­tion

Die einzige wirklich realistisc­he alternativ­e Machtoptio­n für Grünen-Kandidatin Baerbock oder SPD-Kandidat Olaf Scholz, ins Kanzleramt zu kommen, wäre ein Bündnis aus Grünen, SPD und FDP. Wegen der Fehler Baerbocks schwinden allerdings die Chancen der Ampel auf eine Mehrheit. Lindner hat sie zudem ausgeschlo­ssen. Die FDP müsste ja den Konkurrent­en von den Grünen und die Politik der SPD akzeptiere­n. Anderersei­ts: Wenn FDP-Chef Lindner nur mit einer Ampel in die Regierung kommen kann, würde er wohl auch diesen in Rheinland-Pfalz bereits beschritte­nen Weg gehen. Die SPD würde die Ampel mitmachen, weil Scholz so die Chance hätte, Finanzmini­ster zu bleiben.

■ Deutschlan­d-Koalition

Sachsen-Anhalt könnte kurz vor den Bundestags­wahlen einen Schub in diese Richtung bedeuten, wenn die CDU dort mit SPD und FDP koaliert. Doch im Bund will die SPD nicht mehr mit der CDU, die CDU nicht mehr mit der SPD, die FDP nicht mit der SPD. Also drei von drei Absagen – das macht ein Bündnis in den Farben der Deutschlan­d-Fahne sehr unwahrsche­inlich.

 ?? Dpa-BILD: Gateau ?? Spannende Ausgangsla­ge: Welches Regierungs­bündnis folgt nach der Bundestags­wahl am 26. September auf die Große Koalition?
Dpa-BILD: Gateau Spannende Ausgangsla­ge: Welches Regierungs­bündnis folgt nach der Bundestags­wahl am 26. September auf die Große Koalition?

Newspapers in German

Newspapers from Germany