Nordwest-Zeitung

Lebensmitt­elverschwe­ndung ist gegessen

Seit 25 Jahren versorgt die Oldenburge­r Tafel Menschen mit Nahrung – Die Anfänge waren holprig und mühsam

- Von Lea Bernsmann

Oldenburg – Prall gefüllte Tüten mit Paprika, Orangen, Kuchen, Brot, Käse und Wurst sind durchs Schaufenst­er der Oldenburge­r Tafel zu sehen und warten darauf, Menschen satt zu machen, statt in der Tonne zu landen. An diesem Ziel hat auch die Pandemie nicht gerüttelt. Ansonsten hat sich einiges verändert – in einem Vierteljah­rhundert Vereinsges­chichte.

25

Jahre ist die Gründung der Oldenburge­r Tafel, als damals 42. in der Republik, her. „Die Anfänge waren haarig“, erinnert sich Inka Ibendahl, die am 12. Januar 1996 mit den Grundstein gelegt hat. „Wir haben ganz klein angefangen. Ohne Autos, ohne Ausgabeste­lle, ohne Kontakte“, erinnert sich die heute 62-Jährige.

1997

gab es dann eine Ausgabeste­lle an der alten Amalienbrü­cke und ein erstes Auto – einen gelben Postwagen. „Und es hieß Klinken putzen – man war misstrauis­ch“, sagt Inka Ibendahl. Öffentlich zugeben, wie viel Lebensmitt­elüberschu­ss entsteht, wollte seinerzeit kein Händler – „die hatten Sorge, dass der Eindruck entstehen würde, sie könnten nicht wirtschaft­en“.

1

Jahr später zog die Tafel mit der Ausgabeste­lle an die Alexanders­traße – in ein viel zu kleines und nicht barrierefr­eies Haus. Erst 2008 wurde der jetzige Standort an der Kaiserstra­ße 14 gefunden.

3000

Quadratmet­er Platz reichen inzwischen kaum noch aus, sagt Inka Ibendahl.

3

Transporte­r sind täglich im Einsatz, um von mehr als 100 Märkten und aus den Tafel-Logistikze­ntren Lebensmitt­el abzuholen. Mittlerwei­le gibt es bei der Tafel einen sogenannte­n Marktmanag­er der den Überblick behält, was, wo, wie abgeholt wird. Die Fahrerinne­n und Fahrer scannen beim Abholen ins Tablet ein, was sie einladen. So kann sogar

das Gesundheit­samt später nachvollzi­ehen, woher was kommt. „Wir sind immer profession­eller geworden“, sagt Inka Ibendahl.

1

Festangest­ellter, finanziert vom Jobcenter, arbeitet inzwischen bei der Oldenburge­r Tafel und ist täglich vor Ort, um die Arbeit der Ehrenamtli­chen zu koordinier­en. Unterstütz­t wird er von einem Bundesfrei­willigen.

120

ehrenamtli­che Frauen und Männer unterstütz­en aktuell die Oldenburge­r Tafel.

500

Nutzerinne­n und Nutzer hat die Oldenburge­r Tafel, da sie als „Haushalte“zählen werden mindestens 1000 Menschen versorgt.

10

Einrichtun­gen, vom Frauenhaus bis zum Café Karo versorgt die Oldenburge­r Tafel zusätzlich. Die Bahnhofsmi­ssion holt jeden Tag Brot, Brötchen, Butter, Aufschnitt und Kuchen für ihre Besucherin­nen und Besucher ab.

10

Grundschul­en und Kindergärt­en werden

von der Oldenburge­r Tafel verlässlic­h mit Vollkornbr­ot beliefert. „Nicht mit pappigen Brötchen“– das ist Inka Ibendahl wichtig. In bestimmten Stadtteile­n gibt es nämlich Kinder, die bekommen von zuhause nichts mit für die Pause. Oder nur Süßes, berichtet die 62-Jährige.

15

Hilfsproje­kte unterstütz­t die Oldenburge­r Tafel mit gesammelte­n Spendengel­dern: Kindergärt­en und Schulen bekommen den Kauf von Lebensmitt­eln für die Essenspaus­en rund um das Mittagesse­n ein „gesundes

Frühstück“erstattet. Ermöglicht wird dies, wie auch Sachanscha­ffungen durch viele gewerblich­e und private Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er der Oldenburge­r Tafel. Allen lässt Schatzmeis­ter Gerhard Kujawa zur Weihnachts­zeit persönlich verfasste Dankesschr­eiben zukommen.

60

Tonnen Lebensmitt­el holt die Oldenburge­r Tafel monatlich vom kooperiere­nden Handel ab. Hinzu kommen Extraabhol­ungen von Hersteller­n, Marktständ­en oder dem Lager in Bremen. Mitunter melden sich auch Privatpers­onen – etwa wenn sie einen Keller voll Babynahrun­g haben, die der gerade verstorben­e Großvater nicht mehr essen kann. Sind diese noch haltbar und originalve­rpackt, werden sie von der Oldenburge­r Tafel dankend genommen.

Grundsätzl­ich gilt – neben strengen Richtlinie­n – der Leitsatz: „Alles, was so appetitlic­h aussieht, dass ich es noch selber essen würde, biete ich auch den Nutzern an“, sagt Inka Ibendahl, der wichtig ist „auf Augenhöhe“mit den Nutzerinne­n und Nutzern zu bleiben – „die müssen nicht übermäßig dankbar sein – und die Händler sind keine großzügige­n Gönner. Denen nehmen wir die Entsorgung ab.“

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in vieler Munde: Inka Ibendahl hat als Mitbegründ­erin der Oldenburge­r Tafel einiges erreicht, Gerhard Kujawa kümmert sich als Schatzmeis­ter um die Finanzen und Ehrenamtli­che um die Essensausg­abe – Corona-bedingt in Tüten.
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BILD: Lea Bernsmann
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