Ein Typ, der den (den der) Sport braucht
Mika Drantmann hat das Nicht-Verlieren-Können abgelegt und mentale Stärke gelernt
Oldenburg – Es ist 2011. Neben mir steht ein äußerst talentierter Zwölfjähriger auf dem Beachvolleyballfeld. Wir liegen im entscheidenden Satz bei einem Erwachsenen-Turnier in Lorup 14:12 vorn, sind aber dabei, diese Führung zu verspielen – und ich frage mich, was da gerade im Kopf von Mika vorgeht. Mika Drantmann. Er ist noch jung. Sehr jung. Noch nicht mal ein Teenager. Und er spielt gegen Männer, die jede Chance nutzen wollen, über ihn zu punkten. Seine athletischen und spielerischen Voraussetzungen sind außergewöhnlich für sein Alter, doch jeder nicht perfekt gespielte Ball oder Fehler bringt ihn zum Kochen.
■ Das Verlieren lernen
„Ich konnte damals einfach nicht verlieren – das hat mich fertig gemacht“, sagt der heute 21-Jährige. Auch jetzt braucht er den Sport, doch dieser verbissene Ehrgeiz habe ihm früher im Weg gestanden. Nur im Basketball profitierte er davon. „Da hatte ich kaum Zeit, über Fehler nachzudenken, weil es rauf und runter ging“, sagt Mika, der im Nachwuchs von OTB und Baskets glänzte, und fügt hinzu: „Da musste ich mich direkt wieder auf die Defense konzentrieren.“
■ Fokus auf Volleyball
Die Defensive war das Markenzeichen des Allrounders, der 2011 zum besten Verteidiger seiner Alterskategorie im Niedersächsischen BasketballBund gewählt wurde. Doch irgendwann entschied er, die hohen Sneaker an den Nagel zu hängen und fokussierte sich auf Volleyball. „Ein Typ, den der Sport einfach braucht“, sagt Christian Stebel, Mikas früherer Volleyball-Förderer und Kadertrainer, und fügt hinzu: „Ein Kämpfer durch und durch – und ein menschlich herausragender Jugendlicher.“
■ Eine feste Säule
Unter Stebels Regie gelangen den Talenten des Nordwestdeutschen Volleyball-Verbandes beim Bundespokal der Auswahlteams zwei Triumphe sowie je ein zweiter und dritter Rang. Im „stärksten Kader Deutschlands“war Mika mit den OTB-Kollegen Maxi Pelle und Hannes Krochmann eine „absolut feste Säule“, sagt der erfahrene Oldenburger Trainer über den heute 21-Jährigen, der 2018 das aufstrebende Regionalliga-Team des OTB verließ, ans Volleyball-Internat in Frankfurt ging und danach ein Freiwilliges Soziales Jahr in Polen absolvierte. Aktuell befindet er sich im zweiten Ausbildungsjahr zum Sport- und Fitnesskaufmann und ist seit dieser Saison extra nach Giesen gezogen, um bei der Erstliga-Reserve der „Grizzlys“in der Dritten Liga zu spielen. „Der Trainerstab ist wirklich sehr ambitioniert und wird vom Verein sehr geschätzt“, erklärt Mika, der beim Team aus dem Kreis Hildesheim, das als Tabellenführer (6 Spiele, 6 Siege) in den November-Lockdown gegangen ist, aber noch keine Hauptrolle einnimmt.
■ Mit viel Charisma
„Die Mannschaft ist stark aufgestellt – ich muss mich da erstmal reinfinden“, sagt der früher so überemotionalisierte 21-Jährige ganz nüchtern. Auch im Sand hat er längst gezeigt, dass er neben aller spielerischer und athletischer Stärke mental dazugelernt hat. 2017 und 2018 wurde er Nordwestdeutscher Meister mit Maxi Pelle und löste das Ticket zur Jugend-DM. Der Blondschopf, der sich als Zwölfjähriger über jeden Fehler so geärgert hat, ist erwachsen geworden. Oder wie Stebel es ausdrückt: „Mika ist ein riesen Mensch mit viel Charisma, der versteht, genau im passenden Moment die richtigen Worte zu finden.“