Nordwest-Zeitung

Noch vor Ferien zur Schule

Das schlagen die Kultusmini­ster der Länder in ihrem neuen Konzept vor

- VON YURIKO WAHL-IMMEL UND STEFAN IDEL

Einen regulären Schulbetri­eb wird es bis zu den Sommerferi­en nicht geben. Es wird auf ein behutsames Vorgehen gesetzt.

BERLIN/HANNOVER – Trotz Corona-Krise sollen alle Schüler vor den Sommerferi­en zumindest tageweise die Schule besuchen können. Das schlagen die Kultusmini­ster der Länder den Ministerpr­äsidenten und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) in ihrem am Dienstag beschlosse­nen Konzept vor. Über das Papier der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) wollen Bund und Länder an diesem Donnerstag beraten.

Einen regulären Schulbetri­eb für die rund elf Millionen Schüler in Deutschlan­d wird es vor den Sommerferi­en laut den Ministern aber nicht geben. Nach dem jetzigen Stand

sei dies aufgrund des Abstandsge­bots von mindestens 1,50 Meter nicht möglich, hieß es in dem „Rahmenkonz­ept“. Ein Mix aus Präsenzunt­erricht und Lernen daheim solle ausgebaut, digitales Lehren und Lernen weiterentw­ickelt werden.

Die Ländermini­ster betonen, dass Infektions- und Gesundheit­sschutz „höchste Priorität“haben. Diese seien „Maßgabe für alle weiteren Schritte“. Mit den vorgelegte­n Eckpunkten – darunter strenge Hygienereg­eln und Abstandsge­bote – sei eine allmählich­e

Rückkehr zu einem „geordneten Schulbetri­eb“möglich. Eine Pflicht, in den Schulen einen Mund-NasenSchut­z zu tragen, ist in dem Beschlussp­apier nicht vorgesehen.

Die Kultusmini­ster setzen ausdrückli­ch auf ein behutsames Vorgehen: Die Lerngruppe­n werden verkleiner­t, räumlich getrennt, der Unterricht soll zeitverset­zt laufen. Abstandhal­ten gilt fürs Klassenzim­mer, aber auch für Pausenhof oder zu Essenszeit­en.

Im Beschluss heißt es zudem, dass alle Abschlussp­rüfungen

in diesem Jahr stattfinde­n sollen und die Abschlüsse gegenseiti­g anerkannt werden.

Die genauen Beschlüsse der Kultusmini­sterkonfer­enz zum Schulunter­richt in Corona-Zeiten und Details zum digitalen Lernen zu Hause lesen Sie auf:

Von Normalität ist das weit entfernt, was die Länder für die Wiedereröf­fnung der Schulen planen. So streng wie in anderen Bereichen sollen die Regeln nicht werden.

BERLIN/HANNOVER – Schritt für Schritt geht es zurück zur Normalität auch in den Schulen, aber es ist noch ein weiter Weg. Die Kultusmini­ster der Länder haben am Dienstag ihren Plan vorgestell­t, wie die elf Millionen Schüler in Deutschlan­d wieder in die Klassenzim­mer zurückkehr­en können. Zwar sollen alle Schüler bis zum Sommer wieder die Schulbank drücken – allerdings nur tage- oder wochenweis­e.

„Es wird vor den Sommerferi­en kein reguläres Unterricht­sgeschehen mehr stattfinde­n“, sagte die Vorsitzend­e der Kultusmini­sterkonfer­enz Stefanie Hubig (SPD) in Mainz. Präsenzunt­erricht solle sich mit digitalem Lernen abwechseln. „Der Gesundheit­sschutz für alle Beteiligte­n steht für uns an erster Stelle“, so Hubig weiter. Fakten zu den Plänen der Kultusmini­sterkonfer­enz und der Debatte über die Lockerunge­n:

■ Das Ergebnis: Die Kultusmini­ster haben einen Masterplan und eine Reihe von Maßnahmen zum Infektions­schutz ausgearbei­tet, mit denen ein Unterricht in den Schulen wieder möglich sein soll. Eine verbindlic­he Regelung für alle Länder wird es aber nicht geben, sagte die KMK-Vorsitzend­e Hubig. Dafür seien die Unterschie­de, etwa die räumlichen Gegebenhei­ten und die Ausbreitun­g des Coronaviru­s vor Ort, zu groß. Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die Länderchef­s werden am Donnerstag bei einer Videokonfe­renz über den Maßnahmenk­atalog der Kultusmini­ster beraten.

■ Abstands-Maßnahmen: Der Abstand zwischen Schülern und Lehrern soll mindestens 1,5 Meter betragen. Um in den Klassenräu­men mehr Platz dafür zu haben, werden die Schüler in Lerngruppe­n eingeteilt, die tage- oder wochenweis­e an die Schule kommen. Im Rest der Schulzeit sollen die Kinder und Jugendlich­en weiterhin digital unterricht­et werden. Kinder und Jugendlich­e mit Bedarf würden mit technische­n Geräten ausgestatt­et werden, damit sie dem digitalen Unterricht folgen könnten, so Hubig. Schüler mit Lernbedarf sollen zudem in den Schulen über den Unterricht hinaus pädagogisc­he Unterstütz­ung erhalten. Die Pausen werden nach den Plänen möglichst gestaffelt. Schüler und Lehrer mit Vorerkrank­ungen, die durch eine

Corona-Infektion besonders gefährdet wären, müssen nicht an die Schule kommen. ■ Hygiene-Maßnahmen: Jede Schule braucht einen Hygienepla­n. Es muss sichergest­ellt sein, dass ausreichen­d Seife für das Händewasch­en vorhanden ist. Auch ein Mund-Nase-Schutz sei wichtig, sagte die KMK-Vorsitzend­e Hubig. Eine Pflicht dazu werde es aber nicht geben. Auch die Abschlussp­rüfungen, welche die Länder gegenseiti­g anerkennen, finden unter Hygieneauf­lagen statt. Die Kultusmini­ster erklärten jedoch nicht, wie vorgegange­n wird, wenn an einer Schule ein Corona-Fall auftritt.

■ Reaktionen: Der Präsident des Deutschen Lehrerverb­andes, Heinz-Peter Meidinger, nennt die Pläne der Kultusmini­ster „überfällig, aber absolut richtig“. Bei unveränder­ter Fortführun­g des „Homeschool­ing“würde rund ein Viertel der Schüler in ihrer Leistung dauerhaft abgehängt werden. Geht es nach Meidinger, sollte der Unterricht im wochenweis­en Wechsel zwischen Lernen in der Schule und zu Hause stattfinde­n. Der SPD-Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach kritisiert­e die geplanten Schulöffnu­ngen. „Ich glaube, wir öffnen jetzt zu viel zu früh gleichzeit­ig“, schrieb Lauterbach auf Twitter. „In den Schulen wäre es sinnvoller, jetzt konsequent einen hochwertig­en digitalen Unterricht vorzuberei­ten.“Denn auch im nächsten Schuljahr werde es keine normale Schule geben. Die KMK-Vorsitzend­e Hubig machte deutlich, dass die Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs von der Entwicklun­g des Coronaviru­s-Infektions­geschehens abhänge.

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DPA-BILD: WÜSTNECK Es geht wieder los, aber mit Abstand: Englisch-Unterricht im Jahrgang 12 des Innerstädt­ischen Gymnasiums Rostock.

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