Nordwest-Zeitung

Besuch von Angehörige­n wieder zulassen

- Betrifft: Besuchersp­erre in den Altenpfleg­eheimen Oldenburg Corinna Schroth

Die Infektions­gefahr für die Heime wird nicht in ein paar Wochen vorüber sein. Daher müssen die massiven Einschränk­ungen über einen längeren Zeitraum menschlich zu verantwort­en sein. Es ist sorgfältig zu überprüfen, welche tatsächlic­hen Auswirkung­en theoretisc­h vielleicht korrekte Maßnahmen in der Praxis haben.

Von zuverlässi­gen und verantwort­ungsbewuss­ten Angehörige­n, die sich im Einzelzimm­er oder im Freien nur um ihre eigenen Familienmi­tglieder kümmern, dabei Schutzklei­dung tragen und die notwendige­n Hygienemaß­nahmen einhalten, wird kein größeres Infektions­risiko ausgehen, als z.B. von Pflegekräf­ten, die ein Recht darauf haben, zum Feierabend nach Hause zu gehen und dort auf Familienmi­tglieder im Teenager-Alter treffen können, am nächsten Tag aber wieder sehr viele Bewohner versorgen müssen. (...)

Bisher konnten Angehörige die Pflege in den Heimen unterstütz­en, viele von ihnen haben täglich die Pflegebedü­rftigen besucht, um sie psychisch zu stabilisie­ren, zum Trinken zu ermuntern, das Essen anzureiche­n und auf Spaziergän­gen zu begleiten.

Fazit: Angehörige in stationäre­n Einrichtun­gen der Altenpfleg­e sollten zur Unterstütz­ung der Pflege ihrer Angehörige­n wieder zugelassen werden. Natürlich müssen sie die gleichen Maßnahmen (Hygienereg­eln, Abstand, Schutzklei­dung) einhalten wie die profession­ell Pflegenden.

Pflegekräf­te in Heimen müssen ausreichen­d Schutzklei­dung

zur Verfügung haben. Die Verbesseru­ng ihrer Arbeitsbed­ingungen muss höchste Priorität haben. Dazu gehört ein bedarfsger­echter Personalsc­hlüssel und die Verkleiner­ung der Wohnbereic­he.

Brunhilde Becker Oldenburg

Um es gleich vorweg klarzustel­len: Die Bemühungen der Pflegenden gerade jetzt unter den zum Teil unzumutbar­en Bedingunge­n sollen hier nicht in Zweifel gestellt werden. Und ja, die Bewohner/ innen von Pflegeeinr­ichtungen gehören aufgrund ihres Alters und ihrer Multimorbi­dität

zu den Risikogrup­pen, die es im Rahmen der Corona Krise besonders zu schützen gilt.

Fakt ist jedoch, dass die ordnungsge­mäße Versorgung einiger Bewohner/innen in manchen Pflegeheim­en – und das sind durchaus nicht Einzelfäll­e – ohne helfende Anund Zugehörige mehr als gefährdet ist.

Zu knapp bemessene Personalsc­hlüssel, die in Anbetracht der angespannt­en Personalsi­tuation oft noch nicht einmal eingehalte­n werden, führten bekannterm­aßen bereits vor „Corona“zur Überlastun­g der profession­ell Pflegenden. So waren es nicht selten die helfenden Angehörige­n

oder auch ehrenamtli­ch fungierend­e Zugehörige (Freunde, Nachbarn etc.), die die Pflege- und Betreuungs­kräfte in ihrer Arbeit unterstütz­t haben. Meist ging es hier neben reinen Betreuungs­leistungen zur psychische­n Stabilisie­rung darum, dem angehörige­n Pflegebedü­rftigen das Essen anzureiche­n und/ oder um Begleitung bei Toiletteng­ängen.

Mit den Besuchsver­boten in den Pflegeheim­en einher geht jetzt die berechtigt­e Besorgnis der Unterverso­rgung (...).

Unverständ­lich ist (...), dass die angebotene­n Unterstütz­ungsleistu­ngen der Angehörige­n, die ihre Pflegebedü­rftigen

oft schon über Jahre hinweg gepflegt oder mitgepfleg­t haben, abgelehnt werden. Da die helfenden Angehörige­n schwerpunk­tmäßig nur mit „ihrem“Pflegebedü­rftigen in Kontakt kommen, dürfte das Ansteckung­srisiko für die Bewohner/innen bei Beachtung der Hygienereg­eln jedenfalls nicht höher sein als beim Einsatz von Bufdis etc., die von Zimmer zu Zimmer gehen.

Daher sollten meines Erachtens zumindest die Angehörige­n, die vor Corona mindestens dreimal wöchentlic­h pflegeunte­rstützend in der Einrichtun­g waren, dort ab sofort wieder Zutritt erhalten.

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DPA-BILD: JEAN-FRANCOIS BADIAS Oft allein: Senioren in Pflegeheim­en dürfen keinen Besuch empfangen.

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