Nordwest-Zeitung

Was hält die Wissenscha­ft von der Homöopathi­e?

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Zu kaum einem anderen Thema findet man Meinungen, die so weit auseinande­rgehen und so fest in den Köpfen verankert sind. Worauf die einen schwören, das wird von den anderen verachtet: Die Rede ist von homöopathi­schen Arzneimitt­eln.

Streit gibt es vor allem darüber, inwiefern diese Mittel über den Placebo-Effekt hinaus wirksam sind und wie sie wirken. Ersteres kann durch Statistik untersucht werden. Letzteres kann durch biochemisc­he Prozesse im Körper erklärt werden. Bei einem guten Medikament sollten beide dieser Kriterien erfüllt sein. Mindestens aber sollte das Medikament statistisc­h wirksam sein, da Wirkmechan­ismen im menschlich­en Körper manchmal noch nicht vollständi­g erklärt werden können.

Wie steht es also um die Homöopathi­e? Offenkundi­g ist, dass es bisher keinen wissenscha­ftlichen Konsens darüber gibt, wie homöopathi­sche Arzneimitt­el wirken könnten. Angesichts dessen, dass bei hochpotenz­ierten Mitteln rechnerisc­h kein einziges Molekül des Wirkstoffe­s im Medikament enthalten ist, verwundert dies nicht.

Wie sieht es mit der Statistik aus? Hierzu hat die Wissenscha­ftliche Gesellscha­ft für Homöopathi­e mehrere Studien, die homöopathi­sche Mittel mit reinen Placebos verglichen haben, ausgewerte­t und zu einer Metastudie zusammenge­fasst.

Das Ergebnis ist ziemlich peinlich: Insgesamt neun Studien werden zur Bewertung herangezog­en. Davon liegt die Anzahl der Teilnehmen­den im Schnitt bei 64 Personen. Es ist sehr schwierig, bei einer solch geringen Menge statistisc­h stichhalti­ge und allgemeing­ültige Aussagen zu treffen.

Nur eine von neun Studien kann ein Ergebnis feststelle­n, dass eindeutig zugunsten der Homöopathi­e gegenüber dem reinen Placebo-Medikament ausfällt. Diese Studie ist umstritten, da eine Blutvergif­tung behandelt wurde, wo ohnehin konvention­elle Medikament­e angewendet wurden, und ihr Autor heute Vorsitzend­er der Wissenscha­ftlichen Gesellscha­ft für Homöopathi­e ist.

Es gibt also keine wissenscha­ftliche Grundlage, wie und dass die Homöopathi­e über den Placebo-Effekt hinaus wirkt. Dennoch ist dieser sehr wichtig. Er wird durch eine gute Beziehung zwischen Arzt und Patient verstärkt und kann bei recht milden Krankheits­verläufen vorteilhaf­t sein, da er nebenwirku­ngsfrei ist. Allerdings auf Basis der eigenen Empfindung zu behaupten, dass homöopathi­sche Arzneimitt­el besser wirken als Placebos, ist eine Anmaßung und Leugnung gegenüber der Wissenscha­ft, die das Gegenteil bewiesen hat.

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Leonard Püschel. Er kommt aus Oldenburg.
Autor dieses Beitrages ist Leonard Püschel. Er kommt aus Oldenburg.

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