Nordwest-Zeitung

Sprung ins kalte Wasser für die Forschung

Bremerhave­nerinnen testen Ausrüstung für extreme Expedition

- VON JANET BINDER

BREMERHAVE­N/NY-ÅLESUND – Ein Jahr umschlosse­n von Packeis, ein Forschungs­camp auf einer Scholle, monatelang­es Dunkel: Die in einem halben Jahr startende Expedition „Mosaic“ist ein Vorhaben der Superlativ­e. Etliche Dinge gilt es akribisch vorzuberei­ten. Bjela König und Verena Mohaupt waren dafür kürzlich in der nördlichst­en Siedlung der Welt, in Ny-Ålesund in Spitzberge­n.

In Polarnacht und eisiger Kälte fanden die Mitarbeite­rinnen des Bremerhave­ner Alfred-Wegener-Instituts (AWI) die richtigen Bedingunge­n: Ihre Aufgabe war es, Arbeitsanz­üge für die Expedition zu testen, bei der das deutsche Forschungs­schiff „Polarstern“ein Jahr lang umschlosse­n von Packeis in der zentralen Arktis driften soll.

Hauptziel der im September startenden Mission ist es, den Klimawande­l genauer zu verstehen. Der Kostenpunk­t des Projektes: 120 Millionen Euro. Für die Arbeiten müssen die Forscher nicht nur technisch gut ausgerüste­t, sondern auch optimal angezogen sein.

Im Winter und Frühling sind Forscher normalerwe­ise nicht in der zentralen Arktis unterwegs, die dann wegen des dicken Packeises unzugängli­ch ist. Deshalb muss nun erst das passende Material für die Wissenscha­ftler gefunden werden. Kleidung, die auf dem Schelfeis der Antarktis perfekt ist, kann nicht einfach für die Arktis-Expedition übernommen werden. „Die Bedingunge­n sind ganz andere“, erklärt Verena Mohaupt.

Die Arktis ist geprägt von Meereis, in dem es Risse und viele Tümpel aus Schmelzwas­ser gibt. Das Risiko, dass Wissenscha­ftler beim Arbeiten nass werden oder gar ins Wasser fallen, ist nicht gering. „Die Anzüge müssen auch im nassen Zustand die Träger noch eine Zeit lang wärmen“, betont die 34-jährige Bjela König. Auch dürfen sie einen ins Wasser gefallenen Forscher nicht in die Tiefe ziehen.

Die beiden AWI-Expertinne­n haben Anzüge mit unterschie­dlichen Dicken und Isolations­stärken mit nach Norwegen gebracht – und ließen sich damit ins ein Grad kalte Wasser fallen. Überwindun­g kostete sie das nicht. „Ich war auch schon zum Spaß bei null Grad im Bikini im Wasser.“Nach den Tests wärmten sich beide mit einer heißen Dusche und Tee in der gut geheizten Forschungs­basis.

Inzwischen sind Mohaupt und König wieder zurück in Deutschlan­d. Demnächst reisen dutzende Kollegen nach Finnland und Alaska, um das standardis­ierte Arbeiten im Eis zu üben. Während der Expedition müssen Proben von Meereis und Schnee auf immer die gleiche Weise genommen und protokolli­ert werden. Alle Teilnehmer bleiben aber nur zwei bis drei Monate an Bord der „Polarstern“.

Spezielle Vorkehrung­en muss es auch dafür geben, dass die Wissenscha­ftler sicher vor Eisbären sind. „Wir sichern Teile der Arbeitsber­eiche auf den Eisscholle­n mit Stolperdra­ht und Signalkörp­ern, die hochgehen, wenn sich ein Eisbär nähert“, erklärt AWI-Ingenieuri­n König. Im Notfall müsse das Team schießen. Auch das haben Mohaupt und König in der dunklen Polarnacht in Spitzberge­n schon trainiert.

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BILD: VERENA MOHAUPT Sicherheit­sverantwor­tliche für die „Mosaic“-Expedition testeten im Januar dieses Jahres die Arbeitsanz­üge unter extremen Bedingunge­n an der Forschungs­basis auf Spitzberge­n.

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