„Auto-Käufer arglistig getäuscht“
Oberlandesgericht Oldenburg gibt Einschätzung für Klageaussicht
OLDENBURG – Ein oberinstanzliches Urteil in der Diesel-Abgas-Klagewelle gibt es noch nicht. Das lag bisher daran, dass es zwar Entscheidungen von Landgerichten gab, Berufungen vor dem Oberlandesgericht aber meist durch Klagerücknahmen beendet wurden. Augenscheinlich hatte Volkswagen (als Beklagter) allen Klägern in der Berufungsinstanz Vergleiche angeboten, damit es nicht zu einer richterlichen Entscheidung kommt. Beim Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg sind 250 solcher Berufungsverfahren anhängig, wie das OLG am Dienstag mitteilte. 150 Verfahren waren durch Klagerücknahmen beziehungsweise Rücknahme der Berufung erledigt. Der 14. Zivilsenat des OLG Oldenburg hat jedoch jetzt in einem ungewöhnlichen Hinweisbeschluss zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung seine – zunächst vorläufige – Rechtsauffassung zu dieser Problematik auf neun Seiten dargelegt.
Der Kläger hatte von Volkswagen ein betroffenes Auto erworben und dann den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Das wollte der Hersteller nicht akzeptieren. Das Landgericht gab dem Kläger recht.
Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss angekündigt, diese Entscheidung bestätigen zu wollen. Nach der Rechtsauffassung des Senats weist das Fahrzeug einen Mangel auf. Ein Käufer dürfe erwarten, dass ein Auto die vorgesehenen Abgastests ohne eine hierfür eigens konzipierte Software bestehe, so die Richter. Der Käufer habe dem Hersteller auch keine Frist zur Behebung des Mangels setzen müssen, was sonst in der Regel Voraussetzung für einen Rücktritt ist. Denn der Hersteller habe den Käufer arglistig getäuscht, sodass dieser ein berechtigtes Interesse daran habe, sich nicht auf eine weitere Zusammenarbeit mit dem Hersteller einlassen zu müssen. Der Rücktritt sei auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil das Kraftfahrtbundesamt die neue Software, die der Hersteller im Nachhinein entwickelt habe und die jetzt in das Auto eingespielt werden könnte, freigegeben habe. Der Käufer habe auch deswegen keine Frist zur Behebung des Mangels setzen müssen, weil der Hersteller die Mangelhaftigkeit des Autos bestritten habe.
Volkswagen hat aufgrund des Hinweises seine Berufung zurückgenommen, sodass das Oberlandesgericht kein Urteil sprechen wird. Der bereits anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung konnte aufgehoben werden (Hinweisbeschluss vom 5. Dezember 2018, Az. 14 U 60/18).