Nordwest-Zeitung

Pflegekamm­er gibt sich ganz kleinlaut

Beitragsor­dnung soll umgehend auf den Prüfstand – Sozialmini­sterin erneuert Kritik

- VON LARS LAUE, BÜRO HANNOVER

Die Pflegekamm­er muss ihre Satzung ändern, findet Präsidenti­n Sandra Mehmecke. Doch das geht nicht von heute auf morgen.

HANNOVER – Mit ernster Miene ist Niedersach­sens Sozialmini­sterin Carola Reimann am Mittwoch nach dem Krisengipf­el zur Beitragsor­dnung der noch jungen niedersäch­sischen Pflegekamm­er vor die Medien getreten und hat erneut ihr Unbehagen geäußert. Das Verhalten der Pflegekamm­er sei „äußerst unglücklic­h“gewesen. Sie könne den Unmut der Betroffene­n verstehen, versichert­e die SPD-Politikeri­n. Es sei Vertrauen verloren gegangen. Nun müsse es darum gehen, Vertrauen zurückzuge­winnen, bekräftigt­e die Ministerin und spielte den Ball an die Präsidenti­n der Pflegekamm­er Niedersach­sen, Sandra Mehmecke, weiter. Die 35-jährige Gesundheit­sund Krankenpfl­egerin entschuldi­gte sich „in aller Form“und betonte, dass die Kritik der vergangene­n Wochen „sehr deutlich“bei der Pflegekamm­er angekommen sei. Sie werde der an diesem Donnerstag tagenden Kammervers­ammlung vorschlage­n, die gewählte Form der Beitragsbe­rechnung „sofort abzustelle­n“. Da es sich hierbei allerdings um eine Satzungsän­derung handele, könne die Beitragsor­dnung nicht von heute auf morgen geändert werden. Sie rechne in den nächsten Wochen mit einem Ergebnis, sagte Mehmecke. Ziel müsse es sein, die künftigen Bescheide an die Mitglieder so zu gestalten, dass sie als gerecht wahrgenomm­en und gut verstanden würden.

Der 2017 per Gesetz bewird

schlossene­n berufsstän­digen Selbstverw­altung gehören alle in Niedersach­sen tätigen Fachkräfte der Alten-, Krankenund Kinderkran­kenpflege per Pflichtmit­gliedschaf­t an. Sie müssen einen Beitrag zahlen, der nach dem Einkommen bemessen wird. Vor Weihnachte­n hatte die Kammer Bescheide über 140 Euro fürs halbe Jahr 2018 verschickt, was Jahreseink­ünften

von 70000 Euro entspricht. Der Jahres-Höchstbeit­rag für die Kammer-Mitgliedsc­haft liegt bei 280 Euro. Da kaum eine Pflegekraf­t ein JahresEink­ommen von 70 000 erzielen dürfte, zogen die Beitragsbe­scheide eine Welle des Protestes nach sich.

Um weniger zu zahlen, müssen Mitglieder ihr steuerpfli­chtiges Jahresbrut­toeinkomme­n angeben. Erst dann ein neuer Bescheid über 0,4 Prozent der Jahreseink­ünfte erstellt. In einer Online-Petition fordern mittlerwei­le mehr als 40 000 Unterzeich­ner die Abschaffun­g der Kammer.

Auf die Frage, ob nicht auch dem Sozialmini­sterium als Rechtsaufs­icht der Pflegekamm­er bei der Überprüfun­g der Beitragsor­dnung hätte auffallen können, dass das System bei den betroffene­n Pflegekräf­ten großen Unmut auslösen würde, sagte Ministerin Reimann gegenüber dieser Zeitung: „Wir haben zwar die Rechtsaufs­icht, ich bin aber nicht die Gouvernant­e der Pflegekamm­er. Es ist eine Körperscha­ft des öffentlich­en Rechts, also eine eigenständ­ige Institutio­n. Das bedeutet, dass sie eigenveran­twortliche Entscheidu­ngen trifft.“Eine Abschaffun­g der Kammer, wie vielfach gefordert, stehe indes nicht zur Debatte.

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