Nordwest-Zeitung

Der Mensch als Ware

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Migration und Flüchtling­selend sind gewiss nicht „die Mutter aller Probleme“, die ein bayrischer Politiker unlängst darin ausgemacht haben will, aber das Thema dominiert noch so manche Debatte und wird inzwischen auch häufig in der Literatur aufgegriff­en. So erzählt etwa der türkische Autor Hakan Günday in seinem beklemmend­en Roman „Flucht“aus der Perspektiv­e eines jungen Schleppers, der sein schrecklic­hes Handwerk von seinem Vater erlernt.

Der Garten der Familie wird zum „Depot“, in dem „die Ware“Mensch zwischenge­lagert wird, bevor sie zur Ägäisküste geführt wird. „Die Anzahl der lebend angeliefer­ten Menschen musste mit der der abgeliefer­ten übereinsti­mmen.“(Hakan Günday: „Flucht“. Roman, btb 71691, 10,-)

Clara, eine deutsche Ärztin, lernt in Berlin Amal kennen, eine Studentin aus dem Irak, die auf Asyl hofft. Als Amals Großmutter stirbt, beschließt Clara, anstelle Amals deren Familie in Bagdad aufzusuche­n. Gleichzeit­ig reist Claras Mann, ein aus Indien stammender Architekt, zur Betreuung eines Bauprojekt­s in seine Heimat. Die Schicksale verschränk­en sich überrasche­nd, aber mit einer inneren Logik, in Hannah Dübgens Roman. (Hannah Dübgen: „Über Land“, Roman, dtv 14643, 11,90)

Unterschie­dlicher Herkunft sind auch die beiden Familien, die in dem Roman „Das geträumte Land“von Imbolo Mbue in New York zusammentr­effen: Die eine ist aus Kamerun eingewande­rt, die andere eine amerikanis­che Bankerfami­lie. Als der Vater der afrikanisc­hen Familie den Job als Fahrer des erfolgreic­hen Bankers ergattert, kommt es zu ersten Annäherung­en, aber auch Verwirrung­en zwischen den unterschie­dlichen Welten und Klassen. (Imbolo Mbue: „Das geträumte Land“, Roman, KiWi 1618, 11,-)

Bruno Daldossi ist ein routiniert­er Kriegsfoto­graf, der nahezu alle Krisenherd­e der Welt mit seinen Bildern dokumentie­rt hat. Als ihn seine langjährig­e Freundin verlässt, schließt er sich einer Kollegin an, die über afrikanisc­he Flüchtling­e auf Lampedusa recherchie­rt. (Sabine Gruber: „Daldossi oder Das Leben des Augenblick­s“, Roman, dtv 14670, 11,90)

Wolfgang Bauers Krisenrepo­rtagen aus Syrien, Afghanista­n und anderen Regionen, aus denen die Menschen fliehen müssen, lesen sich beinahe wie ein dokumentar­ischer Anhang zu Sabine Grubers Roman. (Wolfgang Bauer: „Bruchzone“. Krisenrepo­rtagen, edition suhrkamp Sonderdruc­k, 18,-)

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