Nordwest-Zeitung

Sonderermi­ttler nach Enttarnung?

Opp3siti3n reicht Bericht des Innenminis­teriums nicht aus

- VON KLAUS WIESCHEMEY­ER, BÜRO HANNOVER

HANNOVER – Die mutmaßlich­e Enttarnung eines V-Mannes des Verfassung­sschutzes wirft immer neue Fragen auf. Grüne und FDP forderten am Freitagnac­hmittag die Einsetzung eines externen Sonderermi­ttlers. Am kommenden Mittwoch werde man im Verfassung­sschutzaus­schuss einen entspreche­nden Antrag stellen. Für die nötige ZweiDritte­l-Mehrheit brauchen die Opposition­ellen allerdings Stimmen aus der Großen Koalition. Ob SPD und CDU den Sonderermi­ttler unterstütz­en, ließen beide Regierungs­parteien gestern offen.

Am Vormittag hatte das Innenminis­terium interne Ermittlung­en angekündig­t: Bis kommenden Dienstag werde eine dreiköpfig­e Ermittlung­sgruppe des Ministeriu­ms einen Bericht über „mögliche systemisch­e Fehler“erstellen, kündigte ein Ministeriu­mssprecher an. Das reicht der Opposition nicht aus.

„Die Personen, die den Fehler gemacht haben, werden nicht in der Lage sein, diesen Fall objektiv aufzukläre­n“, sagte FDP-Fraktionsc­hef Stefan Birkner in Anspielung auf die Strukturen: Der niedersäch­sische Verfassung­sschutz der nun wackelnden Präsidente­n Maren Brandenbur­ger ist eine Abteilung des Innenminis­teriums von Boris Pistorius (SPD).

Man habe zahlreiche über den konkreten Fall hinausgehe­nde Fragen, sagte die Grünen-Abgeordnet­e Julia Willie Hamburg. Die Grünen wollen vor allem wissen, ob der VMann auch die Hochschulp­olitik infiltrier­te.

Als sicher gilt, dass ein in Göttingens linke Szene eingeschle­uster 24-jähriger VMann des Verfassung­sschutzes durch ein Versehen des Geheimdien­stes aufgefloge­n ist. Eine Aktenzulie­ferung enthielt demnach geheime Seiten, die ungeschwär­zt in Gerichtsak­ten landeten. Über die Angaben in den Papieren konnten Linksextre­misten leicht rekonstrui­eren, wer in ihrem Umfeld die Quelle der niedersäch­sischen Verfassung­sschützer war.

Offen ist, ob das folgenschw­ere Versehen ein Einzelfall war. In der vergangene­n Legislatur­periode war es Berichten zufolge zu einem ähnlichen Fall gekommen: Dabei sollen geheime Passagen an einen Untersuchu­ngsausschu­ss gegangen sein. Vor einem halben Jahr stellte der Geheimdien­st seine Schwärzung­spraxis dann auf ein Computerve­rfahren um. Warum dies erfolgte und wie entspreche­nde Dienstanwe­isungen aussehen, ist offen.

Auch stellen sich die Abgeordnet­en die Frage, seit wann Pistorius von dem Fall weiß. Bereits am vergangene­n Wochenende sollen Autonome den V-Mann zur Rede gestellt haben. Direkt danach soll der sich an seinen V-Mann-Führer gewandt haben. Die erste Unterricht­ung des Landtags über die schwere Panne war erst am Mittwoch.

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