Sonderermittler nach Enttarnung?
Opp3siti3n reicht Bericht des Innenministeriums nicht aus
HANNOVER – Die mutmaßliche Enttarnung eines V-Mannes des Verfassungsschutzes wirft immer neue Fragen auf. Grüne und FDP forderten am Freitagnachmittag die Einsetzung eines externen Sonderermittlers. Am kommenden Mittwoch werde man im Verfassungsschutzausschuss einen entsprechenden Antrag stellen. Für die nötige ZweiDrittel-Mehrheit brauchen die Oppositionellen allerdings Stimmen aus der Großen Koalition. Ob SPD und CDU den Sonderermittler unterstützen, ließen beide Regierungsparteien gestern offen.
Am Vormittag hatte das Innenministerium interne Ermittlungen angekündigt: Bis kommenden Dienstag werde eine dreiköpfige Ermittlungsgruppe des Ministeriums einen Bericht über „mögliche systemische Fehler“erstellen, kündigte ein Ministeriumssprecher an. Das reicht der Opposition nicht aus.
„Die Personen, die den Fehler gemacht haben, werden nicht in der Lage sein, diesen Fall objektiv aufzuklären“, sagte FDP-Fraktionschef Stefan Birkner in Anspielung auf die Strukturen: Der niedersächsische Verfassungsschutz der nun wackelnden Präsidenten Maren Brandenburger ist eine Abteilung des Innenministeriums von Boris Pistorius (SPD).
Man habe zahlreiche über den konkreten Fall hinausgehende Fragen, sagte die Grünen-Abgeordnete Julia Willie Hamburg. Die Grünen wollen vor allem wissen, ob der VMann auch die Hochschulpolitik infiltrierte.
Als sicher gilt, dass ein in Göttingens linke Szene eingeschleuster 24-jähriger VMann des Verfassungsschutzes durch ein Versehen des Geheimdienstes aufgeflogen ist. Eine Aktenzulieferung enthielt demnach geheime Seiten, die ungeschwärzt in Gerichtsakten landeten. Über die Angaben in den Papieren konnten Linksextremisten leicht rekonstruieren, wer in ihrem Umfeld die Quelle der niedersächsischen Verfassungsschützer war.
Offen ist, ob das folgenschwere Versehen ein Einzelfall war. In der vergangenen Legislaturperiode war es Berichten zufolge zu einem ähnlichen Fall gekommen: Dabei sollen geheime Passagen an einen Untersuchungsausschuss gegangen sein. Vor einem halben Jahr stellte der Geheimdienst seine Schwärzungspraxis dann auf ein Computerverfahren um. Warum dies erfolgte und wie entsprechende Dienstanweisungen aussehen, ist offen.
Auch stellen sich die Abgeordneten die Frage, seit wann Pistorius von dem Fall weiß. Bereits am vergangenen Wochenende sollen Autonome den V-Mann zur Rede gestellt haben. Direkt danach soll der sich an seinen V-Mann-Führer gewandt haben. Die erste Unterrichtung des Landtags über die schwere Panne war erst am Mittwoch.