Der Böse aus dem Oldenburgischen
Florian Henckel von Donnersmarck stellt „Werk ohne Autor“im Oldenburger Casablanca-Kino vor
Begleitet wurde er von dem Schauspieler Sebastian Koch. 7r spielt den SS-Arzt Heinrich 7ufinger, der nach 1945 im Krankenhaus Sanderbusch arbeitete.
OLDENBURG – Dieser Film ist kein Film, sondern ein Ereignis. „Werk ohne Autor“ist ein deutscher Monumentalstreifen, der deutsche Geschichte vom Nationalsozialismus über die DDR bis in die Bonner Republik verdichtet, aber auch eine Liebes- und Künstlergeschichte erzählt. Und der sich am Leben des Malers Gerhard Richter (86) orientiert.
188 Minuten ist der Film lang und in keiner Minute langweilig. Ein spannender Film, den man in seinen phänomenalen Bildern und seiner wunderbaren Musik nur auf der großen Leinwand, also im Kino, genießen kann. Eben da stellten am späten Samstagabend der Oscarpreisträger und Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck (45) und einer seiner Hauptdarsteller – Sebastian Koch (56) – den Film vor.
Das Oldenburger Casablanca-Kino war bis auf den letzten Platz gefüllt. Man musste den Film und die angenehme Plauderei mit Regisseur und Schauspieler sogar in einer zweites, ebenfalls ausverkauftes Kino übertragen. Mehr als vier Jahre Arbeit, erzählte Donnersmarck, habe man in den aufwendigen Film investiert. Der übrigens auch einen Bezug zum Oldenburgischen hat: Koch wies da- rauf hin, dass der Nazi und Bösewicht, den er verkörpert, später im Krankenhaus Sanderbusch (Kreis Friesland) als Frauenarzt tätig war. Heinrich Eufinger, 1894 geboren, war ein SS-Arzt, der maßgeblich am Euthanasie-Programm der Nazis mitwirkte. Und zwar als ganz entscheidender Mann. Eufinger ließ „lebensunwertes Leben“umbringen.
Der Gynäkologe wirkte nach 1945 als anerkannter Arzt weiter. Er wurde nie für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen und starb hoch geachtet 1988 in Wilhelmshaven. Erst 2004 wurde seine SS-Funktion bekannt. Eben jener Eufinger, der sich in allen Systemen aalglatt anpasste, war tatsächlich der Schwiegervater des Malers Gerhard Richter.
Koch spielt diesen kalten
;Werk ohne Auto“,
angelaufen am 3. Oktober, ist erst der dritte Langfilm des Regisseurs Florian Henckel von Donnersmarck (45) nach dem Oscar-prämierten Film „Das Leben der Anderen“(2005) und „The
Bösen, der wie ein Chamäleon lebt. Ihn faszinierte als Schauspieler, wie der zweifelnde Künstler, der von Tom Schilling dargestellt wird, letztlich diesen Dämon besiegt – durch leicht unscharfe, verwischte Foto-Bilder. Koch muss in dem Film eine Sprache „wie gemeißelt“sprechen. „Dieser Arzt ging doch wie ein Skalpell durchs Leben“, erklärte Koch. Tourist“(2010). Der Film wurde als deutscher Beitrag in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“für den Oscar 2019 vorgeschlagen. Er läuft unter anderem im Oldenburger Kino Casablanca.
Donnersmarck lobte unter anderem völlig zu Recht die „unfassbar, tief emotionale, schöne Filmmusik“von Max Richter und schwärmte naturgemäß davon, wie viel Spaß die Arbeit mit Koch mache, der schon im „Leben der Anderen“mitwirkte: „Nur er konnte diesen Bösewicht so eindringlich und unheimlich spielen!“
Nach über drei Stunden Film und einer Stunde Plauderei war allenfalls das Publikum ein wenig erschöpft, Donnersmarck überhaupt nicht. Geduldig beantwortete er Fragen, darunter, was er zu Gerhard Richters Kritik („zu reißerisch“) an dem Film sage? Der große Künstler, so Donnersmarck, mit dem er vor dem Film viele Stunden gesprochen habe, kenne bisher leider nur den Trailer und konnte sich noch kein Bild des Ganzen machen. Und eine DVD, erklärte Donnersmarck unter Beifall, gebe er Richter nicht – „das ist ein Film für die große Leinwand!“
Doch egal, was Richter meint: „Werk ohne Autor“bleibt ein oscar-würdiges Meisterwerk, wie es das deutsche Kino lange nicht mehr lieferte.