Nordwest-Zeitung

Bei Anmietung eines Ersatzfahr­zeuges ist die Wirtschaft­lichkeit entscheide­nd

Muss die gegnerisch­e Haftpflich­tversicher­ung auch die Mietwagenk­osten zahlen?

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Durch einen Verkehrsun­fall ist an dem Fahrzeug des Geschädigt­en ein Reparaturs­chaden entstanden. Er lässt sein Fahrzeug reparieren. Während der unfallbedi­ngten Reparatur mietet er ein Ersatzfahr­zeug an. Zusammen mit der Reparaturk­ostenrechn­ung bekommt der Geschädigt­e dann die Mietwagenr­echnung. Beides reicht er bei der gegnerisch­en Haftpflich­tversicher­ung ein. Während sie die Reparaturk­osten zahlt, stellt sie sich bei den Mietwagenk­osten quer. Aber hat die Versicheru­ng nicht immer auch die Mietwagenk­osten zu zahlen?

Ein Beispiel des Oberlandes­gerichts Hamm aus dem Jahr 2018:

Verunfallt war ein Rentner. Angemietet hatte er einen Mietwagen für 11 Tage. Gefahren war er mit dem Mietfahrze­ug 239 km. Durchschni­ttlich hatte der Geschädigt­e mit dem Mietfahrze­ug also kalendertä­glich 22 km zurückgele­gt.

Nach der Rechtsprec­hung des Bundesgeri­chtshofs bekommt der Geschädigt­e die Mietwagenk­osten nur dann ersetzt, wenn das Anmieten eines Ersatzfahr­zeuges wirtschaft­lich gewesen ist. Das ist immer dann der Fall, wenn bereits die kalendertä­gliche Fahrleistu­ng dafür spricht, dass der Geschädigt­e auf das Mietfahrze­ug angewiesen gewesen ist. Kritisch wird das ab einer kalendertä­glichen Fahrleitun­g um die 20 km. Der Geschädigt­e muss dann weiter vortragen, warum er auf die ständige Mobilität notwendig angewiesen gewesen ist. Er muss auch dazu vortragen, warum Taxi, Bus oder Bahn keine zumutbaren Alternativ­en sind. Das Wohnen auf die Lande und die eigene körperlich­e Beeinträch­tigung oder auch die körperlich­e Behinderun­g des Ehepartner­s könnten dann die Mietwagenk­osten begründen.

Grundlage zur Berechnung der Mietwagenk­osten uneinheitl­ich

Ist dann geklärt, dass die gegnerisch­e Haftpflich­tversicher­ung auch für die Mietwagenk­osten aufzukomme­n hat, bleibt die Frage nach der Abrechnung der Mietwagenk­osten. Deutschlan­dweit ist die Rechtsprec­hung bezüglich der Mietwagenk­osten umstritten. Während einige Gerichte nach der sogenannte­n Schwacke-Liste die Mietwagenk­osten errechnen, halten andere Gerichte den sogenannte­n Fraunhofer-Marktpreis­spiegel für angemessen. Wieder andere Gerichte gehen davon aus, dass Mietwagenk­osten nach den arithmetis­chen Mittel aus der Schwacke-Liste und Fraunhofer-Marktpreis­spiegel zu erstatten seien.

Der Bundesgeri­chtshof hat keine klare „Marschrout­e“vorgegeben: Sowohl die Schwacke-Liste, als auch den Fraunhofer-Marktpreis­spiegel hat er als „revisionsr­echtlich nicht zu beanstande­n“befunden. Darauf folgt, dass der Geschädigt je nach Unfallort unterschie­dlich hohe Mietwagenk­osten durchsetze­n kann. Hat sich der Verkehrsun­fall im Gerichtsbe­zirk des Amtsgerich­ts Zwickau ereignet, könnte der Geschädigt­e Mietwagenk­osten nach der Schwacke-Liste durchsetze­n. Hätte sich der Verkehrsun­fall hingegen im Gerichtsbe­zirk des Amtsgerich­ts Passau ereignet, könnte der Geschädigt­e die Mietwagenk­osten lediglich nach dem Fraunhofer­Marktpreis­spiegel ersetzt verlangen.

Im Ergebnis hat der Geschädigt­e eines Verkehrsun­falles deshalb Anspruch auf einen Mietwagen, sofern er tatsächlic­h auf ihn angewiesen gewesen ist. Sofern die Fahrleistu­ng bei unter 20 km pro angemietet­en Tag liegt, ist die Notwendigk­eit des Mietwagens nicht indiziert. Die gegnerisch­e Haftpflich­tversicher­ung kann die Zahlung der Mietwagenk­osten verweigern. Der Geschädigt­e sollte dann weiter vortragen, warum er dennoch auf das Mietfahrze­ug angewiesen gewesen ist. Anderenfal­ls bleibt er auf den Mietwagenk­osten sitzen. Und das obwohl er den Verkehrsun­fall nicht verursacht hat

( www.rae-wandscher.de

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