Nordwest-Zeitung

Großer Durst auf kleiRem Raum

Wahrschein­lich kleinste Kneipe Deutschlan­ds steht in Varel

- VON NIKLAS BENTER

Die Kneipe „Up’n Prüfstand“im Vareler Hafen ist nur 4,5 Quadratmet­er groß. Einen Eintrag ins Guinnessbu­ch der Rekorde hat Gastwirtin Uschi Reents aber nie angestrebt.

VAREL Eine leichte Brise weht einem durchs Gesicht und sorgt bei diesen sommerlich­en Temperatur­en für eine kleine Abkühlung. Die Boote wanken sanft im Wasser. An jeder Ecke riecht es nach frisch gebratenem Fisch. Man kann die Salzluft am Vareler Hafen förmlich schmecken.

Nicht weit vom Hafenbecke­n entfernt, fällt dem aufmerksam­en Beobachter sofort ein kleines Backsteinh­äuschen ins Auge. Ein Blick durch eines der beiden Fenster offenbart bereits, was sich hinter der Tür befindet – die vermutlich kleinste Kneipe Deutschlan­ds oder zumindest im Nordwesten.

Auf der gegenüberl­iegenden Straßensei­te öffnet sich die Tür des Fischresta­urants Vareler Hafen. Gastwirtin Uschi Reents tritt heraus. Die Kneipe „Up’n Prüfstand“gehört der 63-Jährigen. Die Idee zur Kneipe sei ihrem Mann Wolfgang beim Skatstammt­isch eingefalle­n.

„Eigentlich hätten wir es ,Zur Waage’ nennen müssen“, erzählt Reents. In den 30er Jahren befand sich in dem Gebäude nämlich eine Waage für Fischreste. 1970 wurde das Backsteinh­aus schließlic­h in einen Bremsenprü­fstand für Lkw umfunktion­iert. „Deswegen heißt die Kneipe ,Up’n Prüfstand’“, so die Wirtin – und das nun schon seit gut 27 Jahren. Der Nachbar, dem die Hütte einst gehörte, schenkte sie Uschi Reents’ Mann 1988. Drei Jahre später wurde die Kneipe eröffnet. Fortan gaben sich Fernseh- und Radioteams die Klinke in die Hand.

Eine Theke, ein Zapfhahn und ein kleines Spülbecken – viel mehr passt in den 4,5 Quadratmet­er großen Raum gar nicht hinein. Auf einem Regalbrett hinter der Theke stehen ein gerahmtes Foto, Bierkrüge sowie ein schwarzrot-goldener Pokal. An der Wand hängen einige Bilder. Auch Ministerpr­äsident Stephan

Weil hat der Kneipe schon mal einen Besuch abgestatte­t. Ob sie wirklich die kleinste Kneipe Deutschlan­ds besitzt, weiß Reents nicht. Einen Eintrag ins Guinnessbu­ch der Rekorde hat sie aber nie angestrebt. Wer auch einmal einen Blick riskieren möchte, kann dies zu den Öffnungsze­iten des Restaurant­s tun.

Auf einem Aufkleber am Fenster steht „Bullenschl­uck“. Das Kult-Getränk, dessen Etikett scherzhaft empfiehlt, den Inhalt „bei Lahmheit der Rinder, Pferde und Zugochsen

und zur inneren Einreibung bei Menschen“anzuwenden, verkauft Reents schon seit Jahrzehnte­n.

Dass sie mal ein eigenes Restaurant führen würde, hätte sich die 63-Jährige früher nie träumen lassen. Sie wollte eigentlich Kindergärt­nerin werden. Aber ihr Verlobter habe dann das Restaurant aufgemacht.

Die Beziehung ging auseinande­r, und Reents übernahm die Gastwirtsc­haft. „Da hatte ich Lust zu. Und manchmal fühlt sich die Arbeit auch ein bisschen an wie im Kindergart­en“, sagt sie und lacht schelmisch.

 ?? BILD: NIKLAS BENTER ?? Die wahrscheiA­lich kleiAste KAeipe DeutschlaA­ds – oder zumiAdest im NordwesteA – steht am Vareler HafeA.
BILD: NIKLAS BENTER Die wahrscheiA­lich kleiAste KAeipe DeutschlaA­ds – oder zumiAdest im NordwesteA – steht am Vareler HafeA.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany