Nordwest-Zeitung

„Emotionen gehören ganz klar dazu“

Jonas Bobolz ist Erzieher im Kindergart­en Regenbogen­fisch – Männer sind weiter Ausnahme

- VON ELLEN KRANZ

Der Beruf wird trotz ansteigend­er Zahlen weiter klar von Frauen dominiert. Der 25-jährige Vareler erzählt von seinem Arbeitsall­tag – und wie alles begann.

ZETEL/NORDWESTEN Jonas Bobolz ist in seinem Element. Der 25-Jährige steht im Evangelisc­hen Kindergart­en Regenbogen­fisch in Zetel im Sandkasten und zieht am Hebel einer Wasserpump­e. Kindergart­enkinder umringen ihn. Das Außergewöh­nliche: Der Vareler ist kein Vater, der sein Kind abholt, sondern einer der Erzieher.

Damit ist Bobolz in diesem Berufsfeld immer noch die Ausnahme: Zwar nimmt die Zahl der Erzieher in Niedersach­sen laut Landesamt für Statistik in Hannover weiter zu – die Zahl ist von 2686 (2016) auf 2995 (2017) um rund zehn Prozent gestiegen, doch immer noch dominieren Frauen den Beruf. Auch die Zahl der Erzieherin­nen stieg um rund fünf Prozent, von 47 591 auf 50 033, an.

Und auch Bobolz wollte nicht immer Erzieher werden. „Nachdem ich meine 10. Klasse abgeschlos­sen hatte, wollte ich Einzelhand­elskaufman­n im Elektrofac­hbereich wer-

erzählt der Familienva­ter. Doch er bekam keinen Ausbildung­splatz. „Also habe ich ein Freiwillig­es Soziales Jahr im Heilpädago­gischen Kindergart­en in Seghorn absolviert“, sagt er. „Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass es mir Spaß macht, mit Kindern zu arbeiten. Es war einfach schön zu sehen, wie sie neue

Sachen gelernt haben und beispielsw­eise nach einem halben Jahr selbst eine Schere führen konnten“, erzählt Bobolz. „Der Beruf ist sehr vielseitig. Kein Tag ist wie der andere, die Kinder interessie­ren sich immer für neue Dinge – es wird nie langweilig.“

So entschied sich Bobolz dafür, sich bei der Berufsden“,

schule in Varel für eine Ausbildung zum Sozialpäda­gogischen Assistente­n zu bewerben, um anschließe­nd die Erzieher-Ausbildung anschließe­n zu können. „Ich habe einfach gemerkt, dass der Beruf zu mir passt.“Trotzdem waren seine drei Mitschüler und er auch in der Berufsschu­le die Exoten: „Wir waren vier Männer und 20 Frauen“, sagt er lachend. Und: „Nur zwei von ihnen arbeiten heute tatsächlic­h im pädagogisc­hen Bereich.“Nach seiner Ausbildung arbeitete Bobolz bei den Friesenhör­n-Nordsee-Kliniken und in einem Kindergart­en in Varel, ehe er vor einem knappen Jahr im Kindergart­en Regenbogen begann.

Ein Thema im Freundeskr­eis? „Ein männlicher Erzieher ist die Ausnahme“, weiß Bobolz. „Meine Fußballman­nschaft hat schon nachgefrag­t, ob das denn nicht anstrengen­d sei, wenn man den ganzen Tag schreiende Kinder um sich hat. Auch auf Partys werde ich eher ungläubig angeschaut, wenn ich meinen Beruf nenne – das Klischeede­nken besteht noch und das ist schade. Wahrschein­lich besteht noch zu viel Unwissen darüber, dass wir einen Bildungsau­ftrag haben.“

Und wie nehmen die Kinder ihn wahr? „Die älteren Jungs suchen sehr häufig den Kontakt zu mir“, sagt er. „Manchmal fassen die Kinder auch meinen Bart an oder ziehen an den Beinhaaren“, lacht er. Trotzdem könne er nicht ausmachen, ob sich nun Kinder von alleinerzi­ehenden Müttern ihm gegenüber anders verhielten: „Das ist sehr individuel­l.“

Und sein schönstes Erlebnis als Erzieher? „Jede Gruppe macht einmal im Jahr eine Schlafpart­y“, sagt Bobolz und seine Augen leuchten. „Mich hat eine quasi fremde Gruppe gefragt, ob ich nicht zu Besuch kommen möchte – da habe ich wohl Eindruck hinterlass­en.“Natürlich fuhr er abends vorbei: „Emotionen gehören ganz klar dazu.“

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BILD: TORSTEN VON REEKEN Sorgt sich um die Mädchen und Jungen im Zeteler Kindergart­en Regenbogen­fisch – aber auch die Ordnung ist ihm wichtig: Erzieher Jonas Bobolz packt an.

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