Vier Hornisten ersetzen ein Orchester
34. „Musikalischer Sommer in Ostfriesland“vom 15. Juni bis zum 29. Juli – Auftakt in Aurich
Iwan König führt das älteste ostfriesische Festival in die 34. Runde. Wieder gastieren internationale Ausnahmekünstler – und wieder gibt es Überraschungen.
AURICH Wer Anton Bruckners ausladende sinfonische Gebäude musikalisch nachbaut, braucht Wucht und Masse. Mit weniger als 70 Beschäftigten zieht da kein Orchester feste Mauern hoch. Oder doch? „Das schaffen wir auch zu viert!“, sagen die wackeren Bläser von German Hornsound, keineswegs abfällig, sondern spitzbübisch. In der Tat. Wer das Quartett im Scherzo aus Bruckners Vierter hört, dem gehen die Ohren über!
Live nachzuprüfen ist der überwältigende Effekt beim 34. Musikalischen Sommer in Ostfriesland am 17. Juni in Aurich, im zweiten der 28 Konzerte. Doch reines Getöse ist keineswegs die Art der glorreichen Vier aus Orchestern in Bamberg, Reutlingen, Hannover und Berlin. Sie führen auchsehrzarteMusikimProgramm, von Pergolesis „Stabat mater” bis zu Mendelssohns Notturno aus dem Bläst gern zum Aufbruch: die Gruppe German Hornsound
„Sommernachtstraum”.
Irgendwie passt German Hornsound ideal zu den Absichten von Festivalleiter Iwan König. „Wir blasen zum Aufbruch”, sagt der Pianist, der zwischen dem 15. Juni und 29. Juli wieder mehrfach im Einsatz ist. Damit steht er selbst auch für die Absichten in der Musik- und Künstlerauswahl: „Wir bieten Vertrautes und Liebgewonnenes, Be-
gegnungen mit schon länger bei uns geschätzten großen Könnern.“Zum einen.
Zum anderen aber legt er Wert auf Neues, auf Überraschungen, auf spannende Anregungen. „Wir haben immer einen festen Kern, aber der rotiert“, führt König aus. „Familiär kann man unser Unternehmen daher nicht nennen.“Es sei schön, wenn man Ausnahme-Künstler wie den Klarinettisten Dmitri Ashkenzy oder den Geiger Philippe Graffin auch nach Jahren wiedertreffe, wenn Mellow Melange, das Duo Sebastian Manz/Martin Klett oder das Jade-Quartett immer noch beteiligt seien. Aber: „Wir haben hohe musikalische Ansprüche. Und wir bieten enorme Abwechslung. Es ist wichtig, von den Besuchern hinterher zu hören, dass der Musiksommer 2018 wieder anders war als der von 2017.”
Für Abwechslung sorgen sicher Gäste wie der junge Cellist Isang Enders mit drei Bach-Suiten auf Schloss Gödens oder die Kult-Sängerin Etta Scollo im Lokschuppen in Jever. Und neben großen Klaviersonaten von Beethoven oder „gestandenen” Werken tauchen auch Neuheiten auf wie „Alii mundi” von Gilles Silvestrini aus 2013 oder „Duduk I-b” von Gabriel Erkoreka aus 2017 für Oboe und Cembalo. Zudem treten auffällig viele Vokalensembles auf. „Wir haben das Gesamtensemble spürbar verjüngt“, sagt König. Aufbruch eben, auch nach 34 Jahren noch.