Nordwest-Zeitung

Der ärgste Tag für den Oberstadtd­irektor

Kurzweilig­er Auftritt von Ex-Oberbürger­meistern und Heiko Wandscher im Stadtmuseu­m

- VON CHRISTOPH KIEFER

Die ehemaligen Stadtoberh­äupter nahmen kein Blatt vor den Mund. Zu dem Abend in der Reihe „Erzähl uns von früher“hatten das Stadtmuseu­m und der Fördervere­in eingeladen.

OLDENBURG – Wenn es nach Heiko Wandscher gegangen wäre, würde heute ein Rathaus samt Tiefgarage den Pferdemark­t zieren. Wer noch nicht wusste, warum das Projekt scheiterte, erfuhr die Gründe am Mittwochab­end.

Die Grünen („an erster Stelle Detlef Roßmann, Kino Casablanca“) hätten mit der Verhinderu­ng einen ihrer ersten großen Erfolge erzielt, berichtete Heiko Wandscher, von 1972 bis 1996 Oberstadtd­irektor in Oldenburg. Die SPD musste nach der Kommunalwa­hl 1991 mit den Grünen eine Koalition bilden und das geplante Projekt opfern.

Für die jüngeren Jahrgänge unter den Zuhörern machten Hintergrün­de zur Stadtentwi­cklung – wie diese – den Abend so spannend. Die älteren dürften viele Erinnerung­en aufgefrisc­ht haben.

Wie war das noch mal, als die Glashütte 1983 in Osternburg mit Hunderten Arbeitsplä­tzen schließen musste? Oder wer weiß noch, wie sich Oldenburg mit der Stadt Dortmund einen Wettlauf lieferte um die Fleischwar­enfabrik, Früher war überhaupt nicht alles anders: Dieter Holzapfel (79 Jahre), Dr. Andreas von Seggern, Dr. Heinrich Niewerth (80), Heiko Wandscher (86), Inge von Danckelman und Horst Milde (84) bei „Erzähl uns von früher“(von links).

die den zu eng gewordenen Standort Industries­traße 1988 aufgab?

Jüngeren und älteren Besuchern dürfte gleicherma­ßen deutlich geworden sein, dass heutige Probleme gar nicht so ganz anders sind als frühere.

So hatte bereits in den 80er-Jahren eine Bürgerinit­iative die Umsiedlung der Feuerwehr auf das ehemalige Fleiwa-Gelände verhindert. „Viel zu laut“, hatten die Anwohner der Auguststra­ße damals geklagt. Wohnungsno­t herrschte schon nach dem Krieg, als die 80 000-Einwohner-Stadt

rund 40 000 Flüchtling­e integriere­n musste.

Hoch her ging es offenbar schon immer bei Baumfällun­gen. Es sei die schwerste Entscheidu­ng seiner Amtszeit gewesen, die Polizei zum Baumfällen an die Ammerlände­r Heerstraße zu rufen, berichtete Wandscher. Der Rat hatte den Ausbau der Straße beschlosse­n. DKP-Ratsherr Hans-Joachim Müller kettete sich daraufhin an uralte Eichen an, die unbedingt gerettet werden sollten.

Ungeachtet umstritten­er Bauprojekt­e schon in den 80er-

und 90er-Jahren ging Dieter Holzapfel hart mit der aktuellen Bauplanung der Stadtverwa­ltung ins Gericht. Es sei „schrecklic­h“, wie der Charakter der „Gartenstad­t Oldenburg versaut“werde. Die Bauplanung nehme keine Rücksicht auf das nachbarsch­aftliche Umfeld, klagte auch Dr. Heinrich Niewerth. Wandscher mahnte an, die Wohnungsba­uplanung zu überarbeit­en. Horst Milde fordert, geschlosse­ne Stadtteilb­ahnhöfe wieder zu öffnen.

Stadtmuseu­msleiter Dr. Andreas von Seggern und Fördervere­insvorsitz­ende

Inge von Danckelman moderierte­n den Abend – ein schönes Geschenk, das der Fördervere­in anlässlich seines ersten Geburtstag­es den Oldenburge­rn beschert hat.

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BILD: TORSTEN VON REEKEN

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