Der ärgste Tag für den Oberstadtdirektor
Kurzweiliger Auftritt von Ex-Oberbürgermeistern und Heiko Wandscher im Stadtmuseum
Die ehemaligen Stadtoberhäupter nahmen kein Blatt vor den Mund. Zu dem Abend in der Reihe „Erzähl uns von früher“hatten das Stadtmuseum und der Förderverein eingeladen.
OLDENBURG – Wenn es nach Heiko Wandscher gegangen wäre, würde heute ein Rathaus samt Tiefgarage den Pferdemarkt zieren. Wer noch nicht wusste, warum das Projekt scheiterte, erfuhr die Gründe am Mittwochabend.
Die Grünen („an erster Stelle Detlef Roßmann, Kino Casablanca“) hätten mit der Verhinderung einen ihrer ersten großen Erfolge erzielt, berichtete Heiko Wandscher, von 1972 bis 1996 Oberstadtdirektor in Oldenburg. Die SPD musste nach der Kommunalwahl 1991 mit den Grünen eine Koalition bilden und das geplante Projekt opfern.
Für die jüngeren Jahrgänge unter den Zuhörern machten Hintergründe zur Stadtentwicklung – wie diese – den Abend so spannend. Die älteren dürften viele Erinnerungen aufgefrischt haben.
Wie war das noch mal, als die Glashütte 1983 in Osternburg mit Hunderten Arbeitsplätzen schließen musste? Oder wer weiß noch, wie sich Oldenburg mit der Stadt Dortmund einen Wettlauf lieferte um die Fleischwarenfabrik, Früher war überhaupt nicht alles anders: Dieter Holzapfel (79 Jahre), Dr. Andreas von Seggern, Dr. Heinrich Niewerth (80), Heiko Wandscher (86), Inge von Danckelman und Horst Milde (84) bei „Erzähl uns von früher“(von links).
die den zu eng gewordenen Standort Industriestraße 1988 aufgab?
Jüngeren und älteren Besuchern dürfte gleichermaßen deutlich geworden sein, dass heutige Probleme gar nicht so ganz anders sind als frühere.
So hatte bereits in den 80er-Jahren eine Bürgerinitiative die Umsiedlung der Feuerwehr auf das ehemalige Fleiwa-Gelände verhindert. „Viel zu laut“, hatten die Anwohner der Auguststraße damals geklagt. Wohnungsnot herrschte schon nach dem Krieg, als die 80 000-Einwohner-Stadt
rund 40 000 Flüchtlinge integrieren musste.
Hoch her ging es offenbar schon immer bei Baumfällungen. Es sei die schwerste Entscheidung seiner Amtszeit gewesen, die Polizei zum Baumfällen an die Ammerländer Heerstraße zu rufen, berichtete Wandscher. Der Rat hatte den Ausbau der Straße beschlossen. DKP-Ratsherr Hans-Joachim Müller kettete sich daraufhin an uralte Eichen an, die unbedingt gerettet werden sollten.
Ungeachtet umstrittener Bauprojekte schon in den 80er-
und 90er-Jahren ging Dieter Holzapfel hart mit der aktuellen Bauplanung der Stadtverwaltung ins Gericht. Es sei „schrecklich“, wie der Charakter der „Gartenstadt Oldenburg versaut“werde. Die Bauplanung nehme keine Rücksicht auf das nachbarschaftliche Umfeld, klagte auch Dr. Heinrich Niewerth. Wandscher mahnte an, die Wohnungsbauplanung zu überarbeiten. Horst Milde fordert, geschlossene Stadtteilbahnhöfe wieder zu öffnen.
Stadtmuseumsleiter Dr. Andreas von Seggern und Fördervereinsvorsitzende
Inge von Danckelman moderierten den Abend – ein schönes Geschenk, das der Förderverein anlässlich seines ersten Geburtstages den Oldenburgern beschert hat.