Gute Verlierer zeigen w hre Größe
Fairplay ist ein großes Wort. Oder sagen wir, es ist ein normales Wort mit einer großen Bedeutung. Es beschreibt die Haltung eines Sportlers. Es geht um die Achtung und den Respekt vor dem sportlichen Gegner. Selbst im härtesten Kampf. Nun, was kann es für einen härteren Kampf geben als bei den Olympischen Spielen? Einem Großereignis, das nur alle vier Jahre stattfindet und dessen Strahlkraft einmalig ist in der Sportwelt.
Der Sportler und sein Gegner. Das ist eine variable Allianz. Manche Gegner kennt man seit Jahren, manche tauchen aus dem Nichts auf. Und dennoch ist ihnen eines gemein. Sie machen dem Sportler einen Strich durch die Rechnung. Sie zerstören seinen Traum.
Mich haben gute Verlierer schon früh fasziniert. Wahrscheinlich, weil es mir selbst so schwer fiel. Als junge Tennisspielerin zertrümmerte ich bei einer drohenden Niederlage meinen Schläger und brüllte durch die Gegend. Ich benahm mich wie John McEnroe und wäre doch lieber Miroslaw Mecir gewesen. Geräuschlose Verlierer beeindruckten mich. Mit zunehmenden Alter gelang es mir besser.
Auch heute als Sportjournalistin führe ich lieber Interviews mit Sportlern, die verloren haben. Bei Gewinnern ist im Grunde alles gesagt. Alles gut. Bei Niederlagen gibt es mehr zu besprechen, sie liefern Nuancen.
Fairplay ist für mich bis heute vor allem die Fähigkeit, im Moment des eigenen Scheiterns menschliche Größe zu zeigen. Und mich beeindruckt, wie oft Fairplay in diesem Sinne vorbildlich gelebt wird bei den Spielen in Pyeongchang.
Ich sehe den Biathleten Simon Schempp, der per FotoFinish erfährt, dass es nach 15 Kilometer um ein Fußspitzchen nicht Gold geworden ist und der sich tapfer über Silber freut.
Ich sehe die Gegner vom deutschen Eislaufpaar Aljona Savchenko und Bruno Massot vor mir, die sich nach dem Sensationsgold doch ehrlich für Savchenko freuten, weil sie Respekt vor ihrer sportlichen Lebensleistung haben. Fairplay!
Ich sehe Felix Loch vor mir, der designierte Olympiasieger, der so überraschend wie rauschend in der Kurve 9 scheiterte und doch bei eisiger Kälte vor dem Deutschen Haus auf seinen Teamkollegen Johannes Ludwig wartete, um ihm zu seiner Medaille zu gratulieren und ihm eine tolle Party zu wünschen. Eine große Geste. Fairplay!
Und ich sehe die fassungslosen alpinen Skifrauen beim Super-G, die damit klarkommen mussten, dass ihnen mit Ester Ledecka tatsächlich eine fachfremde Snowboard(!)-Weltmeisterin Gold wegschnappte. Die verblüfften Verliererinnen waren trotz ihrer Enttäuschung voller Anerkennung für Ledeckas Leistung. Fairplay!
Wir sehen, die Möglichkeiten des sportlichen Scheiterns sind vielseitig. Fair bleiben tut da manchmal verständlicherweise weh, aber in Wirklichkeit tut es gut. Denn nur wer Fairplay lebt, der kann auch loslassen. Und nur wer loslässt, kann sich weiterentwickeln. Im besten Fall vom fairen Verlierer zu einem noch faireren Gewinner.