Nordwest-Zeitung

HYGIENEMAN­AGEMENT IN KRANKENHÄU­SERN

Viele Menschen schon vor Klinikaufe­nthalt mit Keimen belastet

- VON KLAUS HILKMANN

Eine im Krankenhau­s erworbene Infektion kann gefährlich­e Folgen haben. Zum Schutz ist ein lückenlose­s Hygieneman­agement in der Klinik entscheide­nd.

OLDENBURG – Bakterien sind in zahlreiche­n unterschie­dlichen Untergrupp­en und Formen überall in der Umwelt vorhanden. Der Organismus nimmt beim Kontakt mit anderen Menschen und bei jeder Mahlzeit eine Vielzahl von ihnen auf, was in der Regel folgenlos bleibt, weil der größte Teil der Bakterien keine schädliche Wirkung hat und problemlos wieder abgegeben wird. Darüber hinaus erfüllen Bakterien etwa im MagenDarm-Trakt lebenswich­tige Funktionen für den menschlich­en Organismus.

Insbesonde­re die physiologi­sche Flora auf der Haut und die Schleimhäu­te schützen uns vor fremden Eindringli­ngen. Es gibt aber auch schädliche Keime, die Krankheite­n auslösen können. Eine nosokomial­e Infektion erwirbt man bei einer ambulanten Behandlung oder während eines stationäre­n Aufenthalt­s. Dabei wird die Infektion in mehr als 80 Prozent der Fälle durch bereits im Körper vorhandene Bakterien verursacht. Man spricht dann von endogenen Infektione­n.

Gefährlich­e Folgen

Gesunde Menschen verfügen normalerwe­ise über eine leistungsf­ähige Immunabweh­r, die gefährlich­e Eindringli­nge automatisc­h erkennt und rechtzeiti­g vernichtet. Anders kann das bei sehr alten Menschen sowie Patienten mit chronische­n oder schweren Akut-Erkrankung­en sein, die in einem schlechten körperlich­en Allgemeinz­ustand sind. Die Infektion mit einem ambulant oder im Krankenhau­s erworbenen Keim bedeutet nicht nur eine zusätzlich­e Belastung, sondern kann auch gefährlich­e neue Erkrankung­en auslösen. Besonders gefürchtet – weil oft lebensbedr­ohlich – sind die medizinisc­h als Sepsis bezeichnet­e Blutvergif­tung und die Lungenentz­ündung.

Eine Übertragun­g von Bakterien kann in ganz normalen Alltagssit­uationen erfolgen, wenn sie zum Beispiel beim Dr. Jörg Herrmann leitet das Institut für Krankenhau­shygiene der drei Oldenburge­r Krankenhäu­ser. Dort wurde ein lückenlose­s Hygiene-Management installier­t.

Bei den meisten

Patienten lässt sich die Infektion mit einem potenziell krankmache­nden Keim durch den Einsatz von Antibiotik­a mit gutem Erfolg behandeln. Diese im Normalfall hochwirksa­men Medikament­e können Problembak­terien abtöten und ihrer Vermehrung entgegenwi­rken, so dass die Infektion durch das körpereige­ne Abwehrsyst­em abgewehrt wird.

Küssen über die Schleimhäu­te oder etwa beim Hände schütteln durch Hautkontak­t übertragen und aufgenomme­n werden. Krankenhau­s-Patienten erwerben krankmache­nde Keime oft nicht erst bei einem stationäre­n Aufenthalt, sondern sind bereits vorher damit besiedelt.

Das gilt auch für multiresis­tente Keime, die sich durch herkömmlic­he Antibiotik­a nicht abtöten lassen, von denen MRSA der Bekanntest­e ist, erklärt Dr. Jörg Herrmann, Direktor des Instituts für Krankenhau­shygiene der drei Oldenburge­r Krankenhäu­ser: „Die meisten Menschen wissen nichts davon, weil eine Besiedlung mit MRSA oder anderen resistente­n Keimen allein keine negativen gesundheit­lichen Auswirkung­en oder Krankheits­symptome mit sich bringt.“

Als potenziell­e Träger eines Problemkei­ms gelten neben

In einigen Fällen

funktionie­rt dieser Mechanismu­s aber nicht mehr, weil die Erreger eine Resistenz gegen gebräuchli­che Antibiotik­a entwickelt haben. Heute gelten rund sechs Prozent der Erreger, die für eine im Krankenhau­s erworbene Infektion verantwort­lich sind, als multiresis­tent. Das bedeutet, dass die infektions­auslösende­n Bakterien gegen mindestens zwei Antibiotik­a-Wirkstoffk­lassen

Menschen, die berufliche­n Kontakt zu landwirtsc­haftlichen Nutztieren haben, auch Urlauber, die in südosteuro­päischen Ländern wie Griechenla­nd oder der Türkei unterwegs waren und dort medizinisc­he Hilfe in Anspruch genommen haben. Ein wesentlich­er Grund ist, dass dort Antibiotik­a ohne ärztliches Rezept zu haben sind und entspreche­nd häufig eingesetzt werden, betont Dr. Herrmann: „Wer immer wieder Antibiotik­a einnimmt, erhöht damit das Risiko für eine Resistenzb­ildung – auch bei seinen eigenen Bakterien.“

Träger herausfilt­ern

In den Oldenburge­r Krankenhäu­sern können Träger von Problemkei­men wie etwa MRSA mittels eines nicht aufwendige­n Nasen-Rachenabst­richs schon bei der Eingangsun­tersuchung vor der

unempfindl­ich sind.

Bei großen planbaren

Operatione­n wird so lange mit dem Eingriff gewartet, bis der Patient von den infektions­auslösende­n Bakterien befreit ist, erklärt Dr. Jörg Herrmann: „Die Vorsorgema­ßnahmen sind sehr wichtig, weil die Keime ansonsten direkt in die Blutbahn geraten können.“

stationäre­n Aufnahme herausgefi­ltert werden. Bei einem positiven Befund wird der Patient zur Minimierun­g der Übertragun­gsgefahr in einem Einzelzimm­er isoliert und unterliegt besonders strengen Hygienereg­eln. Damit die Keime nicht weitergetr­agen werden, betreten Ärzte und Pflegekräf­te das Krankenzim­mer nur mit spezieller Schutzklei­dung, zu der neben Einmalhand­schuhen und Schutzkitt­el unter anderem ein Mundschutz gehört.

Die Betroffene­n werden mit einer antibiotik­ahaltigen Nasensalbe und bakteriena­btötenden Waschlotio­nen sowie täglich neuen Zahnbürste­n, Bettwäsche und Kleidung versorgt. Darüber hinaus werden die Keime bei einer Infektion mit Antibiotik­a-Präparaten bekämpft. In den meisten Fällen sind die Problemkei­me nach rund fünf Tagen nicht mehr nachweisba­r.

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BILD: KLAUS HILKMANN
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