Nordwest-Zeitung

Atemlose Lebensgesc­hichte vor dem Tod im Meer

Ali Zamir erzählt in „Die Schiffbrüc­hige“ein Migrantens­chicksal

- VON EVA KRAFCZYK

BERLIN – Anguille weiß, dass sie sterben wird. Eine junge Frau, deren Traum von einem besseren Leben als Schiffbrüc­hige im Meer endet. Doch ehe sie ertrinkt, zieht sie noch einmal Bilanz, rechnet ab mit ihrem Leben in einem wahnsinnig­en Tempo, einem bunten Gedankenst­rom.

Ali Zamir, ein junger Schriftste­ller von den Komoren, wurde für seinen Debütroman „Die Schiffbrüc­hige“ mit dem Prix Senghor für ein französisc­hsprachige­s Erstlingsw­erk ausgezeich­net. Nun liegt das Buch auch in deutscher Pbersetzun­g vor – eine atemlose Lebens- und Liebesgesc­hichte (Bastei Lübbe, 250 Seiten, 22 Euro).

Zamir lässt farbenfroh­e Bilder von einer Inselwelt entstehen, die für die Touristen der Kreuzfahrt­schiffe exotisch und vom Duft von Gewürzen erfüllt ist. Für die Menschen der Inseln dagegen ist es eine kleine Welt begrenzter Perspektiv­en.

Anguille ertrinkt nicht im Mittelmeer, wie so viele ihrer Schicksals­genossen, die auf eine Zukunft in Europa hoffen. Doch auch im Indischen Ozean, zwischen der armen Komorenins­el und der französisc­hen Insel Mayotte, scheitern die Träume von einem neuen Anfang, be- laden Menschensc­hmuggler viel zu kleine Boote mit viel zu vielen Menschen.

Menschen wie Anguille tauchen im Bewusstsei­n vieler Europäer oft nur als StatistikZ­ahl oder Fußnote der Abendnachr­ichten auf: gesichtslo­s in der Masse verängstig­ter, verzweifel­ter, durchnässt­er Menschen, die gerade gerettet wurden oder deren Todeszahle­n nur geschätzt werden können. Zamir dagegen gibt Anguille eine Stimme, um ihre Geschichte zu erzählen.

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