Nordwest-Zeitung

Alleinerzi­ehende vor Problemen

Bremen befragt 1300 Ein-Eltern-Familien – Sozial schwierige Situation

- VON DIETER SELL UND BJÖRN SCHLÜTER

Die Anzahl von Ein-Familien-Haushalte wird im Land Bremen immer größer. Alleinerzi­ehende sind dabei mit vielen Problemen im Alltag konfrontie­rt.

BREMEN – Alleinerzi­ehende in Bremen und Bremerhave­n sind nach einer Befragung der Arbeitnehm­erkammer im kleinsten Bundesland häufiger in einer sozial schwierige­n Situation als im Bundesverg­leich. So seien nur 61 Prozent erwerbstät­ig, sagte am Freitag der Hauptgesch­äftsführer der Kammer, Ingo Schierenbe­ck. „Damit ist Bremen Schlusslic­ht. Bundesweit sind es durchschni­ttlich 72 Prozent.“Auch bei den Hilfequote­n sei der Zwei-Städte-Staat trauriger

Spitzenrei­ter. „Fast 54 Prozent der rund 18000 Alleinerzi­ehenden hier sind auf Grundsiche­rungsleist­ungen angewiesen.“

Zudem sei der Anteil der arbeitslos­en Alleinerzi­ehenden ohne Berufsabsc­hluss in Bremen mit mehr als 69 Prozent im Vergleich am höchsten. Kammer-Fachrefere­ntin Esther Schröder bilanziert­e, die Betroffene­n wünschten sich mit Blick auf den Arbeitsmar­kt am meisten einen existenzsi­chernden Job, mehr Chancen bei Einstellun­gsverfahre­n und eine bessere Vereinbark­eit von Beruf und Familie. Für die Studie hatte die Arbeitnehm­erkammer in Kooperatio­n mit Jobcentern und dem Bremer Arbeitssen­ator 1300 Alleinerzi­ehende befragt.

Im Land Bremen ist fast jeder dritte Haushalt eine EinEltern-Familie – „die einzige Familienfo­rm hier mit Zuwachs“, sagte Schierenbe­ck.

Im bundesweit­en Durchschni­tt wachse jedes fünfte Kind mit einem Elternteil auf. Die Befragung bestätigt laut Schröder, dass vielen Alleinerzi­ehenden eine berufliche Qualifikat­ion fehlt. „Und selbst wer ohne abgeschlos­sene Ausbildung eine Arbeit findet, verdient in der Regel deutlich schlechter und oft nicht ausreichen­d. Arm trotz Arbeit gilt für Alleinerzi­ehende in besonderer Weise.“

Um Familie und Beruf besser vereinbare­n zu können, sind Schröder zufolge mehr und passende Kita-Angebote wichtig. Außerdem wünschten sich mehr als die Hälfte der Befragten einen Ausbau der Ausbildung­s- und Umschulung­sangebote in Teilzeit, um sich zu qualifizie­ren. „Aber in Bremen beträgt die Quote nur 0,8 Prozent der Ausbildung­sverträge, im Bundesschn­itt ist sie noch niedriger und liegt bei 0,4 Prozent.“

Bei den allermeist­en Befragten

erhöhen ausbleiben­de Unterhalts­leistungen des Partners den finanziell­en Druck. Das treffe auf 71 Prozent der Befragten zu, ergänzte Schröder. Und nur 44 Prozent der Betroffene­n bezögen den staatliche­n Unterhalts­vorschuss. „Alleinerzi­ehende brauchen deshalb mehr Unterstütz­ung von staatliche­n Stellen wie Jugendämte­rn und Gerichten, um ihren Rechtsansp­ruch durchzuset­zen.“

Die Arbeitnehm­erkammer forderte den Senat in Bremen auf, ein Experten-Netzwerk zu installier­en, um wirksame Lösungen für die Probleme zu erarbeiten. Der Kreis solle sich auf die fünf Themenfeld­er Kindesunte­rhalt, Wohnen, Gesundheit, Berufsqual­ifikation und Arbeit sowie Kinderbetr­euung konzentrie­ren. „Alleinerzi­ehende brauchen eine bessere Lebens- und Arbeitsper­spektive“, fasste Schierenbe­ck zusammen.

 ?? DPA-BILD: MARCEL KUSCH ?? Allein für den Nachwuchs da: Für eine Studie der Arbeitnehm­erkammer wurden 1300 Alleinerzi­ehende in Bremen gefragt. In dem Land ist fast jeder dritte Haushalt eine Ein-Eltern-Familie.
DPA-BILD: MARCEL KUSCH Allein für den Nachwuchs da: Für eine Studie der Arbeitnehm­erkammer wurden 1300 Alleinerzi­ehende in Bremen gefragt. In dem Land ist fast jeder dritte Haushalt eine Ein-Eltern-Familie.

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