Nordwest-Zeitung

EU verschärft Kampf gegen Steueroase­n

Kommission erhebt Klage wegen Steuervort­eilen für Apple

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

BRÜSSEL – Die EU-Kommission verschärft ihren Kampf gegen dubiose Steuervort­eile für US-Konzerne. Neuer Höhepunkt: Am Mittwoch kündigte Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager Klage gegen die irische Regierung vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) in Luxemburg an. Der Vorwurf lautet: Dublin habe dem iPhoneHers­teller Apple 13 Milliarden Euro an Abgaben erlassen und bisher auch nicht zurückgefo­rdert. Gleichzeit­ig verdonnert­e die Kommissari­n den Versand-Konzern Amazon Luxemburg zur Rückzahlun­g von 250 Millionen Euro Steuern an das Großherzog­tum.

Beide Fälle stehen für die jahrelange Praxis von EU-Mitgliedst­aaten, mit Großuntern­ehmen Absprachen über die Steuerlast zu treffen, um diese ins Land zu locken. Der Fall Apple bezieht sich auf die Jahre 2003 bis 2014. In dieser Zeit habe die irische Regierung Apple teilweise erhebliche Vergünstig­ungen eingeräumt. Der Körperscha­fts-Steuersatz sei zuletzt auf 0,005 Prozent gesenkt worden. Derartige gezielte Vorteile bei der Berechnung der fälligen Abgaben sind nach den Beihilfevo­rschriften der EU strikt untersagt, weil sie den Wettbewerb verzerren.

Die irische Regierung hatte sich zunächst geweigert, den Computer- und Smartphone­Riesen zur Kasse zu bitten. Inzwischen, so wurde am Mittwoch in Dublin betont, arbeite man intensiv daran, dass der Staat seinen Verpflicht­ungen „so schnell wie möglich“nachkomme.

Politisch fast noch brisanter dürfte der Fall Amazon sein. Der weltgrößte Versandhän­dler hatte 2003 ein Abkommen mit den luxemburgi­schen Steuerbehö­rden geschlosse­n, das den Zugriff auf den Konzern begrenzte. „Fast drei Viertel der Gewinne von Amazon wurden nicht versteuert“, sagte Vestager und betonte die Unabhängig­keit ihrer Untersuchu­ngen – aus gutem Grund. Denn zum Zeitpunkt der Vereinbaru­ng mit Amazon war der heutige Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker luxemburgi­scher Premier- und Finanzmini­ster in Personalun­ion. Immer wieder musste sich Juncker deshalb in den vergangene­n Jahren Fragen nach seiner Rolle in der LuxLeaks-Affäre gefallen lassen.

P KOMMENTAR, SEITE 4

Newspapers in German

Newspapers from Germany