„Erdogan-Propaganda stoppen“
Der türkische Journalist Can Dündar über sein Exil in Deutschland
FRAGE: ,eute erscheint -hr .uch „/err0ter“1ber -hr 2eben im deutschen E3il. 4as ist das Anliegen -hres .uches5 DÜNDAR: Aus Sicht der türkischen Regierung bin ich ein Verräter, bin in den Händen der deutschen Regierung und mache Propaganda gegen mein eigenes Land. Andere verstehen meine verzweifelte Lage und meinen Kampf für die Demokratie in meiner Heimat. Und das dokumentiere ich in meinem Buch. Es war das härteste Jahr für mich und meine Familie. FRAGE: Sie bluten innerlich, schreiben Sie. 61rchten Sie in Deutschland wie in der 71rkei auch um -hr 2eben5 DÜNDAR: Es gibt viele Türken hier, die den Kampf für Demokratie unterstützen und auf meiner Seite stehen: Kurden, Aleviten, linke Gruppierungen und viele andere. Auf der anderen Seite gibt es die Erdogan-Anhänger, die sich von ihm anstacheln lassen. Deswegen mache ich mir Sorgen um meine Sicherheit. Ich war in der Türkei im Gefängnis. Mein Leben hier ist ähnlich, ich bin in der Isolation und konzentriere mich nur auf die Arbeit. FRAGE: -hre 6rau kann nicht zu -hnen kommen, weil die t1rkischen .eh8rden -hren Pass eingezogen haben9 DÜNDAR: Erdogan hat meine Frau als Geisel genommen. So versucht er, mich zu bestrafen und zum Schweigen zu bringen. Aber ich lasse mich nicht einschüchtern und kämpfe mit meiner Frau gemeinsam bis zum Ende! Wir ziehen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um zu erreichen, dass meine Frau ihren Pass zurückbekommt. Es ist eine grobe Ungerechtigkeit,
dass sie ohne Grund in der Türkei festgehalten wird! FRAGE: Unter den 71rken hierzulande gibt es gro:e Spannungen. 4as sollte die .undesregierung dagegen tun5 DÜNDAR: Die Erdogan-Propaganda in Moscheen muss gestoppt werden, hier ist ein konsequentes Durchgreifen notwendig. Es wird für die Gesellschaft immer gefährlicher. Jeder Diktator will die Spannungen eskalieren, seine Leute gegen den vermeintlichen Gegner aufwiegeln. Das große Risiko besteht darin, dass die Türken in Deutschland dadurch in die Isolation geraten und sich von der Gesellschaft entfernen. Deswegen muss die Propaganda gestoppt und ein Weg gefunden werden, um die Menschen zusammenzubringen. Es geht auch um die Zukunft Deutschlands. FRAGE: Sie werfen .undeskanzlerin Merkel vor, sie habe Erdogan gew0hren lassen, um ihren 6l1chtlingspakt zu retten. ,alten Sie daran fest5 DÜNDAR: Frau Merkel hat ihre Position endlich radikal geändert, aber erst, nachdem Menschen mit deutschem Pass in der Türkei verhaftet worden waren. Das ist bedenklich. FRAGE: -nzwischen will auch die Kanzlerin die EU-.eitrittsgespr0che abbrechen. 40re das das richtige Signal5 DÜNDAR: Der Abbruch der Gespräche wäre der völlig falsche Weg! Die EU sollte vielmehr nach Instrumenten suchen, die Türken von Erdogan zu isolieren, denn er ist nicht die Zukunft der Türkei. Aber das Land wird Teil der europäischen Familie bleiben. Der Beitrittsprozess ist für meine Heimat enorm wichtig. Wenn der Prozess abgebrochen wird, bestraft das die türkische Bevölkerung und nicht Erdogan, der nur von dem Abbruch profitieren würde!