Schröder macht sein Ding
Altkanzler spricht über Rosneft, ;annover <= und den Wahlkampf
Beim Wahlkampfauftritt der SPD stellt Gerhard Schröder seine Rampensau-Qualität unter Beweis. Kritik vom „Mainstream“interessiere ihn nicht, sagt er.
ROTENBURG – Gerhard Schröder eröffnet den Abend, wie man es von ihm gewohnt ist. Mit offenem Visier. Der Altkanzler weiß, dass der Saal des Diakonie-Krankenhauses in Rotenburg an der Wümme am Mittwochabend auch deshalb so proppevoll ist und viele Kamerateams gekommen sind, weil er wegen eines neuen Russland-Jobs in den Schlagzeilen ist.
Der 73-Jährige soll und will in den Aufsichtsrat des weltgrößten Ölkonzerns Rosneft einziehen. Das Moskauer Unternehmen, bei dem der Kreml mehrheitlich den Ton angibt, steht wegen der russischen Beteiligung am Krieg in der Ostukraine seit Herbst 2014 auf der EU-Sanktionsliste. In der SPD finden sie Schröders Ambitionen so überflüssig wie einen Kropf, für die Union und die Opposition sind sie ein gefundenes Fressen. „Alte Liebe Rosneft nicht“, spottet am Abend ExCSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg über Schröder.
Der aufstrebende SPDBundestagsabgeordnete Lars Klingbeil hat Schröder, bei dem er früher einmal arbeitete, in seinen Wahlkreis in die niedersächsische Provinz gelockt. Die erste Frage, die aus dem Kreis der etwa 400 Gäste kommt, dreht sich um Fußball: Schafft Hannover 96 den Klassenerhalt? „Das ist sehr einfach zu beantworten und hat damit zutun, dass sie den richtigen Aufsichtsratsvorsitzenden ausgewählt haben“, antwortet Schröder, der leger ohne Sakko, mit aufgekrempelten Ärmeln in einem Ledersessel sitzt.
„Gerd“spricht von sich selbst. Er steht seit Ende 2016 beim Fußball-Bundesligisten an der Spitze des Kontrollgremiums. Johlen im Saal, in dem es ungefähr so heiß ist wie in einem russischen Dampfbad. Das Wort „Aufsichtsratsvorsitzender“ist natürlich eine Weiß, was er will: Gerhard Schröder am Mittwochabend in Rotenburg
wunderbare Spieleröffnung für die umstrittenen Russland-Kontakte. Um im Fußballbild zu bleiben: Schröder schickt sich selber steil.
Der Genosse, das wird bei seinem gut 70-minütigen Auftritt klar, sieht sich bei Rosneft völlig zu Unrecht am Pranger. „Ich werde das tun.“Aber die Vorhaltungen, es gehöre sich nicht für einen Altkanzler, bei einem kremlnahen Koloss wie Rosneft anzuheuern? Lässt ihn das völlig kalt? Kritik berühre ihn nur, wenn sie von Menschen käme, die ihm wichtig seien: „Der Mainstream war noch nie ein Gewässer, was mich besonders interessiert hat“, sagt er. Er habe kein Problem mit dem Rosneft-Job, „und ich denke gar nicht daran, mir eins machen zu lassen“. Ob er „nur“einfaches Mitglied im Rosneft-Gremium oder gleich den Vorsitz übernimmt, wie zuletzt berichtet, lässt er aber im Raum stehen.
Um die Lage der SPD und ihres Kanzlerkandidaten geht es in Rotenburg dann auch noch. Die wurde ja erst kürzlich erschwert, weil eine grüne Landtagsabgeordnete aus eben diesem Fleckchen an der Wümme zur CDU wechselte, die rot-grüne Mehrheit flöten ging und deshalb am 15. Oktober der Landtag in Hannover neu gewählt wird. Die SPD könnte die Macht verlieren. „Mit dem Rücken zur Wand kämpft man eigentlich am besten“, sagt er. Die Zustimmung der eigenen Leute habe ihn damals angetrieben. „Es ist nichts verloren, wenn man es nicht selber verloren gibt.“Rampensau-Qualität sei jetzt gefragt. Ob Schulz die hat, muss er am Sonntag im TVDuell gegen Merkel beweisen.