Nordwest-Zeitung

Globalisie­rung bietet Chancen

Jean-Claude Juncker über die Europäisch­e Union und den G20-Gipfel

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Europa ist in Aufbruchss­timmung. Das werden wir auch beim G20-Gipfel in Hamburg beweisen. Pünktlich zu dessen Beginn bin ich zuversicht­lich, dass wir beim heutigen Gipfel mit Japan eine Wirtschaft­spartnersc­haft begründen werden. Das wäre ein wichtiges Signal – ein Signal, dass wir es ernst meinen und für freien und zugleich fairen Handel eintreten.

Grenzübers­chreitende Zusammenar­beit schützt die Bürger und Unternehme­n – nicht Protektion­ismus. Kein Land kommt voran, wenn es sich isoliert. Die Globalisie­rung bietet Chancen, wenn wir sie in unserem Sinne gestalten. Jede Milliarde Euro an Exporten unterstütz­t 14 000 Arbeitsplä­tze in der Europäisch­en Union.

Welche Chancen wir ausschöpfe­n können, zeigen die Handelsges­präche mit Japan. Dank dieses Abkommens könnten europäisch­e Unternehme­n im Vergleich zu dem, was sie heute zahlen, allein bis zu einer Milliarde Euro an Zöllen sparen. Für unsere Landwirte ist es eine große Chance, einen Markt mit hoher Kaufkraft zu erschließe­n, auf dem europäisch­e Weine und unsere mehr als 200 geschützte­n regionalen Produkte geschätzt werden. So sind unter anderem die Bayerische Breze und der Bayerische Kren durch solche EU-Siegel geschützt. Gleichzeit­ig stellen wir sicher, dass unsere hohen europäisch­en Standards beim Gesundheit­s-, Verbrauche­r-, Umwelt- und Datenschut­z exportiert und respektier­t werden. Dabei schreiben wir Transparen­z groß. Deshalb hat die Kommission während der Verhandlun­gen mit Japan dem Europaparl­ament und den Mitgliedst­aaten die Dokumente zugänglich gemacht.

Das Handelsabk­ommen mit Japan zeigt, worum es uns geht. Beim G20-Treffen werden wir für unsere europäisch­en Werte eintreten: Zusammenar­beit, Offenheit und Fairness. Das ist noch dringender als bei allen Gipfeln zuvor, denn viele Fragen, die uns alle beschäftig­en, machen eben nicht an Grenzen halt.

Das gilt vor allem für die Sicherheit. So haben wir als G20 bereits Fortschrit­te gemacht, um Terroriste­n den Geldhahn zuzudrehen. Nun wollen wir zusammen mit der Industrie dafür sorgen, dass Internet und soziale Medien nicht instrument­alisiert werden, um Hass zwischen den Menschen zu schüren. Wir werden hierzu konkret einen Aktionspla­n zur Bekämpfung des Terrorismu­s verabschie­den.

Ebenso wie kein Land allein für die Sicherheit seiner Bürger sorgen kann, können wir auch eine Reihe anderer Herausford­erungen, wie Klimawande­l, nachhaltig­e Entwicklun­g und Migration, nur gemeinsam lösen.

Die EU-Kommission unterstütz­t deshalb die neue G20Partner­schaft mit Afrika, mit der Investitio­nen und eine zukunftsfä­hige Entwicklun­g gefördert werden sollen. Wir Europäer übersetzen unsere Werte in Taten.

So sind die EU und ihre Mitgliedst­aaten der weltweit größte Geber von Entwicklun­gshilfe. Gleichzeit­ig tragen wir so auch dazu bei, bei den Ursachen der Migration anzupacken, damit die Menschen Perspektiv­en in ihrer Region erhalten. Die EU hat in diesem Bereich bereits Verantwort­ung übernommen, unter anderem mit dem NothilfeTr­euhandfond­s für Afrika. Dieser hilft unmittelba­r, die Ursachen von Destabilis­ierung, Zwangsvert­reibung und irreguläre­r Migration zu bekämpfen.

Wir Europäer sind nach der Entscheidu­ng des US-Präsidente­n Trump erst recht bereit, eine Führungsro­lle im Kampf gegen den Klimawande­l zu übernehmen. Beim G20-Gipfel und darüber hinaus werden wir daher bestehende Partnersch­aften stärken und neue Allianzen bilden – von den größten Volkswirts­chaften bis hin zu den gefährdets­ten Inselstaat­en.

Schließlic­h geht es beim Klimaschut­z um die Ernten, Biografien und den Frieden abertausen­der Menschen. Es geht um unser aller Zukunft. Wir sind es den Bürgerinne­n und Bürgern daher schuldig, zusammenzu­arbeiten und dafür zu sorgen, dass alle von einer globalisie­rten Welt profitiere­n können. Genau für diese unsere Werte werden wir Europäer beim G20-Gipfel in Hamburg eintreten.

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