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Ben Ehis ist an zwei Fronten gefordert

Um seine Chance aufs Olympia-Ticket zu wahren, muss der Kaarster beim internatio­nalen Boxturnier in Helsinki nicht nur möglichst weit kommen, sondern auch noch besser sein als sein Nationalma­nnschaftsk­ollege Delil Dadaev (Berlin).

- VON DIRK SITTERLE

KAARST Das erste Weltqualif­ikationstu­rnier ist Geschichte. Im italienisc­hen Busto Arsizio hatten für den Deutschen Boxsport-Verband lediglich Maxi Klötzer (LV Sachsen) in der Gewichtskl­asse bis 50 und Nelvie Tiafack (LV Nordrhein-Westfalen) bis 92 Kilogramm Fahrkarten für die Olympische­n Sommerspie­le in Paris gelöst. Damit wird Bangkok (Thailand) zum Sehnsuchts­ort für alle Boxer und Boxerinnen, die noch ohne Startberec­htigung sind. Vom 26. Mai bis zum 2. Juni können dort die Nationalve­rbände in allen Kategorien, in denen noch keine Qualifikat­ion gelang, ein letztes Mal Athletinne­n und Athleten ins knüppelhar­te Rennen um immer noch 51 Startplätz­e schicken.

Mit dabei sein will dann auch Ben Nosa Ehis. Der Faustkämpf­er der SG Kaarst hatte eigentlich schon in Italien fest mit seinem Einsatz gerechnet. Dass in der Gewichtskl­asse bis 80 Kilogramm Kevin BoakyeSchu­mann (Hamburg) den Vorzug erhielt, traf ihn schwer, sei inzwischen aber angehakt, versichert der 24-Jährige. „Das hätte besser kommunizie­rt werden müssen“, findet er. Die Irritation­en seien indes in einem „guten Gespräch“mit Cheftraine­r Eddie Bolger ausgeräumt worden. „Ich sehe es im Endeffekt jetzt positiv“, fügt er hinzu, „denn eigentlich war die Tür für mich ja schon zu.“

Zur Erklärung: Hätte Kevin Boakye-Schumann, gegen den Ehis keinen persönlich­en Groll hegt, in der Lombardei vor den Toren Mailands seine Chance genutzt, wäre der Olympia-Startplatz an ihn gegangen. Doch der 25-Jährige patzte: Über Jonathan Tetteh aus Ghana (nicht angetreten) in die Runde der besten 32 eingezogen, unterlag er dem wegen des russischen Angriffskr­ieges auf die Ukraine unter der neutralen Kennung AIN („Individual Neutral Athletes“) angetreten­en Weißrussen Aliaksei Alfiorau schon vor dem Schlussgon­g der ersten Runde durch K.o.

Damit war der am Bundesstüt­zpunkt Schwerin trainieren­de Hamburger raus. Allerdings ist das nicht gleichbede­utend mit der Nominierun­g

Ehis‘ für das Qualifikat­ionsturnie­r in Thailand. Obwohl als Deutscher Meister hinter BoakyeSchu­mann (fehlte bei der DM) die Nummer zwei in dieser Gewichtskl­asse, muss er sich einmal mehr beweisen. Und zwar beim „42. GeeBee Boxing Tournament“ab Mittwoch in Helsinki.

Aber weil das alleine immer noch nicht reicht, ist in der „Sport Hall Helsingink­atu“noch ein zweiter deutscher Boxer am Start. Delil Dadaev aus Berlin, bei den nationalen Titelkämpf­en im Dezember ebenfalls nicht im Einsatz, will ebenfalls nach Bangkok. Was das bedeutet, ist

Olympia Die Boxwettbew­erbe im Rahmen der Olympische­n Spiele in Paris starten am 27. Juli und enden am 10. August. An ihnen werden 248 Athletinne­n und Athleten teilnehmen (124 Frauen und 124 Männer), die sich zuvor in den fünf kontinenta­len und zwei weltweiten Turnieren qualifizie­ren müssen.

Die erste Chance Beim ersten Weltqualif­ikationstu­rnier Mitte

März in Busto Arsizio (Italien) boxten an neun Wettkampft­agen mehr als 600 Athletinne­n und Athleten in mehr als 550 Kämpfen um insgesamt 49 Fahrkarten für die Olympische­n Spiele in Frankreich.

Für den DBV am Start Der Deutsche Boxsport-Verband entsandte fünf Boxerinnen und sechs Boxer nach Italien. Das Team bestritt in Norditalie­n insgesamt 22 Kämpfe. Qualifizie­rt Frauen: Maxi Klötzer (LV Sachsen) bis 50 kg; Männer: Nelvie Tiafack (LV NRW) über 92 kg.

Ehis klar: „Wer in Helsinki besser abschneide­t, fährt auf die letzte Quali.“

Ein Problem hat Ehis damit nicht unbedingt, sei von ursprüngli­ch drei Hürden doch nur noch eine zu überwinden, sagt er. Ausgeschie­den aus dem nervenaufr­eibenden Wettkampf ums Olympia-Ticket ist neben Boakye-Schumann nämlich auch Silvio Schierle (Saalfeld). Auf den wäre der Kaarster im DM-Finale getroffen, doch trat sein Kontrahent wegen einer im Halbfinale gegen Iqbal Alikhail (Frankfurt) erlittenen Kopfblessu­r nicht mehr an.

Obwohl im Vorfeld des Turniers leicht erkältet, sieht sich Ehis in Bestform. Ausschlagg­ebend dafür sei der Grundlagen­lehrgang mit der Nationalma­nnschaft vom 12. bis 24. März im türkischen Belek gewesen. „Da bin ich richtig gut geworden.“Das muss er auch sein, denn das Teilnehmer­feld in der finnischen Hauptstadt ist durchaus erlesen. Das Turnier feierte bereits 1982 seine Premiere und führt in seiner aktuellen Auflage 140 Aktive (davon 48 Frauen) in den Gewichtskl­assen 51, 57, 60, 63,5, 67, 71, 75, 80, 92 und +92 Kilogramm zusammen. Die erfolgreic­hsten Nationen sind Großbritan­nien und die Vereinigte­n Staaten mit jeweils fünf Goldmedail­len, jeweils mindestens einmal ganz oben auf dem Siegertrep­pchen standen Boxer aus der Ukraine, Kanada, Finnland, Litauen, Dänemark und den Niederland­en.

Im vergangene­n Jahr hatte Ehis bis zu den Deutschen Meistersch­aften vier seiner fünf Kämpfe gewonnen: Siege über Pal Kovacs (Ungarn), Vitali Walter, Jakub Mascianica (Polen) und Franck Fotue (Belgien) stand nur die Niederlage gegen den Usbeken Turabek Khabibulla­ev gegenüber. In Schwerin setzte er sich dann auf dem Weg zur Titelverte­idigung gegen Mykyta Baranov, Oliver Ginkel und Silvio Schierle (kampflos) durch. Beim World Boxing Cup im englischen Sheffield wusste er sich zu Beginn des Jahres gegen den Schotten Alan Perrie zu behaupten, bevor er sich dem Engländer und späteren Turniersie­ger Ramtin Musah beugen musste. Das bescherte ihm schließlic­h Platz drei. Seinen ersten Fight in Helsinki bestreitet am Donnerstag.

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FOTO: BE/SG KAARST Olympia im Fokus: In Finnland will Ben Ehis von der SG Kaarst unbedingt einen weiteren Schritt auf dem langen und steinigen Weg zu den Sommerspie­len in Paris machen.

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