Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Sturm wütet in Korschenbroich
Plötzlich verfinsterte sich in Korschenbroich der Himmel, dann legte der Sturm los. In wenigen Minuten stürzten am Donnerstag Bäume um, Fassadenteile fegten durch die Luft, und Autos wurden durch herabfallende Ziegel beschädigt.
KORSCHENBROICH Es ist gegen 16.30 Uhr am Donnerstagnachmittag: In Korschenbroich sind die Menschen fassungslos. Viele können noch gar nicht verarbeiten, was wenige Minuten zuvor geschehen ist. Jetzt schauen sie auf entwurzelte Bäume, herabgerissene Fassadenteile und reihenweise umhergewirbelte Mülleimer und Baustellenschilder. Es ist ein Bild der Zerstörung. Am Abend ist klar: Es hat eine verletzte Person gegeben, die aber nicht in die Klinik eingeliefert wurde.
Auch die Mitarbeiter im Rathaus sind erschrocken und bestürzt: „Plötzlich wurde es finster, dann fielen Bäume auf Autos, und Gegenstände flogen durch die Luft“, sagt Stadtkämmerer Thomas Dückers.
In der Fassade des Rathauses, im Bereich, wo die Technik untergebracht ist, klafft ein Riesenloch. Ein Stück der Fassade wurde vom Sturm mitgerissen. Nina Nerwetberg, Mitarbeiterin im Kulturamt, sah als erstes eine abgerissene Europafahne durch die Luft wirbeln. „Das war so krass, das war richtig gruselig“, sagt sie.
Die Feuerwehr Korschenbroich mobilisiert alle Kräfte, der Ordnungsdienst wurde sofort dienstverpflichtet. „Wir befinden uns gerade in der ersten Chaosphase und müssen erst einmal die Einsatzorte sortieren“, sagte ein Feuerwehrsprecher kurz vor 17 Uhr. Viele Bereiche in der Innenstadt sind am Nachmittag abgesperrt, weil immer noch die Gefahr besteht, dass Ziegel von kaputten Dächern fallen oder lose Äste herabstürzen.
Bettina Herzogenrath, Anwohnerin der Don-Bosco-Straße hat den Sturm kommen hören: „Es gab eine Vorwarnung, ein Geräusch, als wären unzählige Lkw auf dem Weg nach Korschenbroich.
Hörte sich an wie ein massives Donnergrollen.“Dann sei plötzlich das Unwetter über die Stadt hereingebrochen und habe wahrscheinlich keine 45 Sekunden gewütet. Annette
Thomiczny, die in einer Wohnung an der Don-Bosco-Straße lebt, ist kurz nach dem Sturm immer noch fassungslos. Sie berichtet, dass alle ihre Fenster gewackelt hätten. Wenn sie aus ihrer Wohnung in die Gärten guckt, sieht sie normalerweise eine Holzscheune. Doch die war plötzlich nur noch zu einem Teil vorhanden. „Die komplette Rückwand inklusive Fenster war weg. Sie ist zehn bis 20 Meter weit geweht und in Einzelteile zerlegt worden.“Diese sind in den Gärten verstreut.
Der Sturm muss eine unbändige Kraft gehabt haben. Monika und Wolfgang Krienen, frühere Betreiber vom „Mühleneck“und ebenfalls Anwohner der Don-Bosco-Straße, schauen sich gerade einen Platz an, an dem sie normalerweise ihren Müll entsorgen. Doch die Abfallbehälter des Mehrfamilienhauses sind samt der schweren Edel-Stahlverkleidung durch die Luft gewirbelt worden.
Trotz Regen und zeitweise sogar Hagelschauer: Überall stehen die Menschen ungläubig auf den Straßen, Plätzen und in den Hausfluren. Einige machen Fotos, andere fragen sich, was das gerade für ein Wetterphänomen war: „Eine Windhose, vielleicht?“Währenddessen sichern unzählige Feuerwehrleute Straßen ab, sägen riesige Baumstämme klein und versuchen, etwas Ordnung in das Chaos zu bekommen.
Der Deutsche Wetterdienst hatte vor starken Windböen gewarnt. Zudem bestehe ein leicht erhöhtes Tornadopotenzial. Ob es sich um einen Tornado oder eine WIndhose gehandelt hat, war am Abend noch nicht klar. „Das Ganze hat keine 20 Sekunden gedauert“, sagte Bürgermeister Marc Venten bei einer Pressekonferenz am Abend. „Wir hatten insgesamt viel Glück im Unglück.“