Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Sorgen wegen zunehmender Migration
Nicht nur aus der Ukraine, auch aus anderen Ländern kommen deutlich mehr Menschen nach Deutschland. Besonders Sachsen und Bayern schlagen Alarm.
BERLIN Die Zahl der Migranten aus Drittstaaten steigt wieder deutlich – also derjenigen Menschen, die aus Ländern außerhalb der Europäischen Union nach Deutschland kommen. Besonders über die deutsch-tschechische Grenze lassen sich immer mehr Einreisen beobachten, auch illegale. Aber auch aus der Ukraine fliehen weiterhin Menschen; viele von ihnen kommen über die deutsch-polnische Grenze. Nimmt man ukrainische Kriegsflüchtlinge und andere Asylbewerber zusammen, so liegen die Zahlen schon jetzt über dem Niveau der Jahre 2015 und 2016.
Besonders die Grenzbundesländer Sachsen und Bayern sind alarmiert. „Der Migrationsdruck steigt“, betonte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU). „In anderen Bundesländern werden dieser Tage erste Turnhallen für die Unterbringung
geschlossen. Auch in Sachsen verschärft sich die Unterbringungssituation zusehends“, sagte er unserer Redaktion. Sein bayerischer Amtskollege Joachim Herrmann (CSU), amtierender Vorsitzender der Innenministerkonferenz, warnt vor einer Überforderung der Länder: „Die von der Bundesregierung massiv forcierten Aufnahmeprogramme führen zu einer weiteren Verschärfung der Situation“, sagte er unserer Redaktion. Dies führe dazu, dass bereits neun von 16 Bundesländern (Stand 20. September) keine Asylbewerber mehr aus dem bundesweiten Verteilsystem Easy aufnehmen würden, da sie zum Teil an ihrer Kapazitätsgrenze seien. „Das ist ein alarmierender Zustand“, so der CSU-Politiker.
Anhand der jüngsten Zahlen der Asylbewerber, die im Unterschied zu Asylsuchenden bereits beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asyl beantragt haben, lässt sich die Entwicklung des Zuzugs aus der Ukraine sehr gut ablesen. So waren Anfang August die Zahlen von Asylbewerbern und ukrainischen Geflüchteten in Sachsen noch fast gleich hoch. Ab Mitte August ändert sich dieses Bild, inzwischen kommen deutlich mehr Asylbewerber aus anderen Ländern als der Ukraine in Sachsen an: In der Woche ab dem 29. August waren es 741 Asylbewerber, in der gleichen Woche kamen 117 Ukrainer in Sachsen an. In der darauffolgenden Woche ab dem 5. September waren es bereits 899 Asylbewerber im Vergleich zu gerade einmal 62 Ukrainern, zeigen vorläufige Zahlen.
Die besonders betroffenen Bundesländer sehen den Bund in der Pflicht, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen. „Die Bundesregierung muss jetzt schnellstmöglich mit den Schengen-Partnern über die Sicherheit der Außengrenze sprechen“, sagte der sächsische Innenminister Schuster. „Auch ist es jetzt nicht an der Zeit für weitere freiwillige Aufnahmeprogramme, die der Bund einseitig beschließt, ohne die Länder, die diese realisieren müssen, zu beteiligen.“Schuster warnt davor, dass für Grenzbundesländer wie Sachsen „der Flüchtlingszustrom in Kürze kaum noch zu bewältigen sein“wird, wenn sich gleichzeitig das Gros der Bundesländer bei der Weiterverteilung abgemeldet hat – „da muss eine Lösung her“, forderte er. Bayerns Innenminister Herrmann kritisiert, „dass der Bund immer mehr Flüchtlinge aufnehmen möchte, die Länder aber dann bei der Aufgabenbewältigung im Stich lässt“.
Das Problem ist auf Bundesebene angekommen. Dass wieder mehr Menschen über die Balkanroute und das Mittelmeer nach Europa kommen, „macht mir Sorge“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der „Bild am Sonntag“. Die Grenzkontrollen zu Österreich seien verlängert worden, an der tschechischen Grenze kontrolliere die Bundespolizei verstärkt im Rahmen der Schleierfahndung. „Wir sind gemeinsam in der Verantwortung, illegale Einreisen zu stoppen, damit wir weiter den Menschen helfen können, die dringend unsere Unterstützung brauchen“, machte die Ministerin deutlich.(mit dpa)