Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Flüchtlingssituation spitzt sich zu
Die Zuweisungszahlen steigen rasant. Weitere Notunterkünfte werden vorbereitet. Das Hallensportzentrum wird bereits Mitte Oktober komplett belegt sein. Für die Flüchtlinge ist die Situation dort schon jetzt belastend.
KORSCHENBROICH Die Flüchtlingssituation in der Stadt spitzt sich zu: Am Mittwoch kamen weitere 17 Flüchtlinge an. „Dann sind im Hallensportzentrum zunächst rund 60 Personen untergebracht“, sagt Petra Köhnen, Leiterin des Sozialamts auf Anfrage unserer Redaktion. Anfang Oktober werden es 82 Personen sein.
Im Sozialausschuss hatte sie über die aktuelle Situation berichtet. Dabei wurde deutlich, wie dynamisch diese ist. Bis 4. Oktober werden weitere 35 Flüchtlinge zugewiesen. Seit 23. August wird das Hallensportzentrum als Notunterkunft genutzt. Insgesamt können 100 Menschen dort untergebracht werden.
„Die Situation ist für die Menschen schon jetzt sehr belastend“, sagt Köhnen. Dazu muss man wissen: Hier leben nicht nur ukrainische Flüchtlinge, sondern Geflüchtete unterschiedlichster Nationen. Darunter afghanische Familien, aber auch viele alleinstehende Männer aus dem Iran, der Türkei, aus Marokko oder Tunesien.
Es gebe zwar Kabinen, die nicht einsehbar seien, aber es sei alles zu hören, so Köhnen. „Deshalb haben wir die Halle etwas aufgeteilt.“Alleinstehende Männer seien vorne untergebracht, Frauen mit Kindern weiter hinter, damit die Männer nicht an ihnen vorbeigehen müssen. Ein Sicherheitsdienst mit jeweils zwei Personen sei rund um die Uhr vor Ort. „So ist immer jemand da und kann sich schnell kümmern. Die leisten sehr gute Arbeit.“Die Leiterin des Sozialamts geht davon aus, sollten die Zuweisungszahlen weiterhin so rasant steigen, „sind wir Mitte Oktober komplett belegt“.
Die kurzfristige Vorbereitung einer weiteren Notunterkunft sei daher dringend erforderlich, hatte auch der Beigeordnete Thomas Dückers im Ausschuss gesagt. Er hofft, dass der leer stehende Trakt im Seniorenheim Korschenbroich, der saniert wird, ab November, spätestens Dezember genutzt werden kann. Zudem wird ein Übergangswohnheim in Pesch als Containeranlage vorbereitet. In Pesch sowie im Seniorenhaus-Trakt werden jeweils etwa 50 Plätze zur Verfügung stehen. „Wir laufen aber Gefahr, weitere Notunterkünfte schaffen zu müssen“, so Dückers. „Denn uns werden die Menschen sehr kurzfristig zugewiesen.“
Wie schwierig es ist, sich auf die Flüchtlingszuweisungen vorzubereiten, wird deutlich, wenn Petra
Köhnen die Hintergründe erklärt. Zwar steht in der Vorlage zum Ausschuss, dass die Erfüllungsquote der Stadt bei 93,46 Prozent liege und Korschenbroich nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FLüAG) noch 29 Personen aufzunehmen habe. Doch die Angabe vom 2. September ist längst überholt. „Das liegt am sogenannten Königsteiner Schlüssel“, sagt sie. Der gebe vor, dass die Stadt 0,18 Prozent der Flüchtlinge aufzunehmen habe. Das bedeute: „Je mehr Flüchtlinge insgesamt kommen, umso mehr werden uns zugewiesen. Theoretisch kann sich diese Quote also täglich ändern. Das ist schon eine Wissenschaft für sich.“Daher war die Quote bereits Mitte September eine andere: Danach
hat Korschenbroich 89,5 Prozent der Zuweisungsquote erfüllt, muss noch 48 Personen nach dem FLüAG aufnehmen.
Erschwerend kommt hinzu, dass es zwei unterschiedliche Quoten gibt: Die eine richtet sich nach dem FLüAG, betrifft also jene Menschen, über deren Asylantrag noch nicht entschieden ist. Sobald Geflüchtete jedoch eine Aufenthaltserlaubnis haben, fallen sie aus dieser Quote raus. Die zweite Quote wiederum erfasst all jene Menschen, die bereits anerkannt sind. Dazu zählen beispielsweise afghanische Ortskräfte und deren Familien. Hier erfüllt Korschenbroich die Quote zu 48,71 Prozent, muss noch 242 Personen aufnehmen.