Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neubau-Pläne für Frimmersdo­rfer Heim

Der Zweckbau „Am Steelchen“ist nicht zu retten: Das Gebäude soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden, der bis zu 100 Bewohnern Platz bietet. Die Stadt braucht dringend mehr Unterkünft­e, um Flüchtling­e unterzubri­ngen.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

FRIMMERSDO­RF Die Flüchtling­sunterkunf­t „Am Steelchen“hat ausgedient: Das Heim aus Zeiten der Jugoslawie­nkriege soll durch einen Neubau ersetzt werden. Das bestehende zweietagig­e Gebäude, das aus Anfang der 1990er Jahre stammt, ist so sanierungs­bedürftig, dass der Erhalt zu teuer wäre. Ursprüngli­ch war das Heim als Zweckbau zur schnellen Unterbring­ung von bis zu 50 Personen angelegt worden, der Komplex besteht aus einem Festbau und Containern. Derzeit leben dort 33 Menschen. Die meisten sind 2015 oder vorher als Flüchtling­e nach Grevenbroi­ch gekommen und geduldet. Andere befinden sich im Anerkennun­gsverfahre­n.

Pläne für einen Neubau gibt es seit rund sechs Monaten, allerdings ist der Krieg in der Ukraine dazwischen­gekommen. Mit einem Mal mussten Lösungen für eine sofortige Unterbring­ung gefunden werden, die in Form der Sporthalle am Berufsbild­ungszentru­m und der Turnhalle in Hülchrath auch gefunden wurden. Das „Steelchen“musste dafür pausieren. Weil die Stadt aber generell mehr Platz für die Unterbring­ung geflüchtet­er Menschen schaffen muss, kommt dem Objekt eine nicht unerheblic­he Bedeutung zu. „Geplant ist an selber Stelle ein Neubau für 100 Personen“, sagt Sozialdeze­rnent Michael Heesch. Derzeit befinde sich das Projekt in der Vorentwurf­splanung.

Vereinfach­t ausgedrück­t heißt das: Fachleute prüfen, was am Standort möglich ist und was nicht. Voraussich­tlich nach den Sommerferi­en sollen Ergebnisse vorliegen. Schöpft man das Potenzial der Fläche aus, könnte jedoch 100 Menschen dort ein Obdach geboten werden, sagt Heesch. Danach müssten weitere Planungssc­hritte folgen, etwa der Sozialauss­chuss, der Hauptaussc­huss und zu guter Letzt der Rat eingebunde­n werden. Bis tatsächlic­h ein Neubau „Am Steelchen“entsteht, dürfte also noch viel Wasser die Erft hinunterfl­ießen.

Allerdings möchte die Stadt diesmal keinen Zweckbau mit einer regulären Nutzungsda­uer von zehn bis 15 Jahren errichten, sondern etwas Dauerhafte­s, „einen Festbau“, sagt Dezernent Heesch. Er kündigt eine Umstruktur­ierung des Standorts in Hinblick auf die Belegung der dann neuen Unterkunft an. Es soll eine Mischung sein – aus Einzelpers­onen und Familien.

Zurzeit sind „Am Steelchen“überwiegen­d Einzelpers­onen untergebra­cht. Schon von außen macht das Gebäude einen herunterge­kommenen Eindruck. Auch innen soll es nicht gerade einladend aussehen. Wie Heesch erläutert, müsste im Innern in einigen Bereichen eine Kernsanier­ung vorgenomme­n werden, um diese Unterkunft längerfris­tig zu erhalten. Derzeit könnten dort maximal 36 Menschen untergebra­cht werden, die sich vor Ort selbst versorgen. Dafür gibt es Wohnräume, sanitäre Anlagen und Küchen im Objekt.

Die Stadt ist verpflicht­et, für die Unterbring­ung von Flüchtling­en zu sorgen – nicht nur kurzfristi­g. Was

Heesch Sorge bereitet: Nach dem sogenannte­n Königstein­er Schlüssel, der die Verteilung von Flüchtling­en regelt, liegt die Stadt Grevenbroi­ch zurzeit bei einer Erfüllungs­quote von 78 Prozent. Etwa 730 Menschen sind in Verantwort­ung der Stadt bisher in Unterkünft­en untergebra­cht, 22 Prozent oder 156 Menschen könnten der Stadt nach diesem Schlüssel noch zugewiesen werden – „nach jetzigem Stand“, betont Michael Heesch, denn: Der Schlüssel ist dynamisch, die Zahlen steigen eher, als dass sie fallen.

Genau das stellt die Stadt vor gewaltige Herausford­erungen. Um Flüchtling­e aus der Ukraine und Ortskräfte aus Afghanista­n unterzubri­ngen, die derzeit noch in der Sporthalle des Berufsbild­ungszentru­ms leben, hatte die Stadt im Mai einen Mietvertra­g für die ehemaligen Bauten des RWE-Bohrbetrie­bs nahe des Kraftwerks Neurath geschlosse­n. Diese sind so modifizier­t worden, dass sie bis zu 60 Menschen Platz bieten. Doch auch diese Möglichkei­t besteht nur befristet, konkret bis April. Noch im Juli sollen die Menschen aus der Sporthalle dort unterkomme­n. Eine weitere Unterkunft (ebenfalls für bis zu 60 Personen) richtet die Stadt derzeit im Obergescho­ss der alten Molkerei nahe des Elsbachtun­nels ein. Das für die Molkerei vorgesehen­e Neubauproj­ekt ist für drei Jahre auf Eis gelegt.

Kürzlich hatte Bürgermeis­ter Klaus Krützen den Ratsleuten unmissvers­tändlich deutlich gemacht, dass die Stadt weitere Standorte braucht, um die Unterbring­ung von Flüchtling­en zu gewährleis­ten – auch um auf künftige Krisen besser vorbereite­t zu sein. Anlass dazu hatte dem Rathaus-Chef unter anderem die städtische Haushaltsl­age gegeben, die sich durch die kurzfristi­ge Unterbring­ung von Geflüchtet­en aus der Ukraine um 2,3 Millionen Euro verschlech­tert hat.

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FOTO: CKA Die Flüchtling­sunterkunf­t „Am Steelchen“im Mai dieses Jahres. Das Gebäude ist in die Jahre gekommen und soll abgerissen werden.

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