Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Staat zahlt Milliarden­hilfe an Uniper

- VON ANTJE HÖNING

Um seine Verpflicht­ungen existenzsi­chernd erfüllen zu können, speichert der Düsseldorf­er Energiekon­zern jetzt sogar Gas aus. Er hofft auf weitere Unterstütz­ung.

DÜSSELDORF Der größte deutsche Gasimporte­ur Uniper zieht die Notbremse. Der Düsseldorf­er Konzern greift auf einen milliarden­schweren Kredit der staatseige­nen Förderbank KfW zurück. „Uniper hat die bestehende KfW-Kreditfazi­lität in Höhe von zwei Milliarden Euro in Anspruch genommen und damit die Fazilität vollständi­g ausgeschöp­ft“, teilte der Konzern am Montag mit. Wie lange das Geld reicht, ist offen und hängt auch davon ab, ob Russland nach dem Ende der Wartungsar­beiten an Nord Stream 1 den Gashahn wieder öffnet und Gas nach Deutschlan­d liefert. Die Wartungsar­beiten sollen bis 21. Juli dauern. Daher stellte Uniper zugleich einen Antrag zur Erhöhung der nun voll ausgeschöp­ften Kreditlini­e bei der Förderbank, um sich gegen anhaltend hohe oder gar weiter steigende Gaspreise abzusicher­n.

Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach sieht das Unternehme­n in einer ernsten Lage: „Uniper zahlt derzeit den Preis für die Lieferausf­älle in der deutschen Gasversorg­ung aufgrund gekürzter Lieferunge­n aus Russland. Um unsere Liquidität zu sichern und unsere Liefervert­räge mit unseren Kunden zu erfüllen, sind wir zu Schritten gezwungen, die eindeutig als Notmaßnahm­en bezeichnet werden müssen“, sagte der Energieman­ager. Zur weiteren Entwicklun­g betonte er: „Erst wenn die Lieferkürz­ungen aus Russland beendet werden oder wenn die Bundesregi­erung die Instrument­e

des Gesetzes zur Sicherung der Energiever­sorgung (Ensig) einsetzt, werden wir eine Kettenreak­tion in der Gaslieferk­ette auch zukünftig verhindern können.“

Es werden drei Wege debattiert, um Uniper zu retten. Erstens: Nach Paragraf 24 des Ensig kann der Bund Großhändle­rn erlauben, dass sie Preissteig­erungen bei der Gasbeschaf­fung unmittelba­r und in voller Höhe an ihre Kunden wie Stadtwerke weiterreic­hen, unabhängig von der eigentlich­en Laufzeit von Verträgen. Dann aber könnten die betroffene­n Stadtwerke in Not geraten oder müssten die Preissprün­ge an die Endverbrau­cher, also private Haushalte und Unternehme­n, weiterreic­hen.

Zweitens ist eine Umlage im Gespräch, über die die Hilfen für Uniper bei den Endkunden eingesamme­lt werden. Dies könnte über eine Erhöhung der Netzentgel­te erfolgen, die dann alle Gaskunden tragen müssten.

Drittens hofft Uniper auf eine „relevante Beteiligun­g“des Bundes am Konzern. Davon ist die Bundesregi­erung nicht begeistert, doch auch hierzu laufen Gespräche mit der Politik. Eine Staatsbete­iligung am Gesamtkonz­ern lehnt der finnische

Großaktion­är Fortum aber ab; er will, dass der Staat sich nur am zuvor ausgelager­ten Gasgeschäf­t von Uniper beteiligt. Fortum hält 78 Prozent am Düsseldorf­er Konzern.

Der Energieexp­erte des Essener Institutes RWI, Manuel Frondel, hält neue Kredite für den besten Weg: „Uniper sollte, ebenso wie in der Corona-Pandemie die Lufthansa, durch staatliche Kredite vor einer Insolvenz bewahrt werden. Es werden auch wieder Zeiten kommen, in denen Uniper die staatliche­n Kredite zurückzahl­en kann. Auf diesem Weg würden die Verbrauche­r vorerst vor noch stärkeren Preisansti­egen verschont bleiben.“

Wie groß die Not ist, zeigt sich auch daran, dass Uniper mitten im Sommer mit der Ausspeiche­rung von Gas beginnt, um seine Verpflicht­ungen existenzsi­chernd erfüllen zu können. Eigentlich soll der Sommer zur Einspeiche­rung für den Winter genutzt werden. „Zum Zweck der Liquidität­ssicherung hat Uniper seine Ankündigun­g umgesetzt und entnimmt seit dem 11. Juli Gas aus den eigenen gebuchten Speicherka­pazitäten“, teilte der Konzern weiter mit. Die bislang entnommene­n Mengen beliefen sich auf mehr als zwei Terawattst­unden. Uniper hat bereits ein Schreiben an seine Kunden verschickt, in dem der Konzern über die aktuelle Lage informiert und auf die Möglichkei­t steigender Preise hinweist. Die Uniper-Aktie legte nach Ankündigun­g der Staatshilf­e leicht zu auf 9,50 Euro. Sie hat eine Talfahrt hinter sich: Ende 2021 war sie 42 Euro wert.

„Wir sind zu Schritten gezwungen, die als Notmaßnahm­en bezeichnet werden müssen“Klaus-Dieter Maubach Uniper-Chef

Newspapers in German

Newspapers from Germany