Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Putins nützliche Verbündete

- VON REINHARD KOWALEWSKY

In der Ukraine-Krise bekleckert sich keine Partei mit Ruhm: Kanzler Olaf Scholz (SPD) glänzte zwar mit der Rede zur Zeitenwend­e und dem Plan zur Stärkung der Bundeswehr, aber Waffenlief­erungen an die Ukraine bremst er eher. Vizekanzle­r Robert Habeck (Grüne) hat früh vor Putin gewarnt und sucht alternativ­e Gasquellen, um russisches Gas zu ersetzen, aber der Mut zum Weiterbetr­ieb der Kernkraftw­erke fehlt. Die FDP von Christian Lindner steht zwar zur Ukraine, aber von konsequent­em Energiespa­ren hält sie nichts und verteidigt das Tempolimit.

Ein Totalausfa­ll bei der Ukraine-Solidaritä­t ist die Linke. Sie fordert zwar, man solle Putin mit wirtschaft­lich-diplomatis­chem Druck zum Ende des Kriegs drängen, tut aber viel, um die Position des Westens zu unterminie­ren: Er halte nichts vom Sparen von Gas, verkündete der Co-Chef der Linken, Martin Schirdewan: „Ich rate den Leuten, nicht auf die Verzichtsp­ropaganda hereinzufa­llen. Es kann nicht darum gehen, weniger zu heizen oder kälter zu duschen.“Putin kann das nur recht sein: Je leerer die Gasspeiche­r sind, umso eher kann er Deutschlan­d durch einen Gasboykott schwächen.

Der Linken-Bundestags­abgeordnet­e Sören Pellmann fordert nun, Habeck solle zurücktret­en, weil Gasknapphe­it drohe. Berlin solle „ein Gasabkomme­n mit Russland“schließen. Dies ist nichts weiter als der Aufruf zu kuschen. Denn Pellmann fordert ja nicht, dass Moskau sich an Verträge zum Liefern von Gas hält, sondern dass Deutschlan­d auf Putin eingeht. Eine Sprecherin von Putins Regierung hat dies so formuliert: Der Wiederbetr­ieb der Pipeline Nord Stream 1 sei möglich, doch das hänge von einer Rücknahme der Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs ab. FDP-Staatssekr­etär Michael Theurer sagt: „Wir lassen uns nicht erpressen.“Die Linke meint dagegen offensicht­lich: Deutschlan­d soll erpressbar sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany