Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Stadt muss RWE Millionen zurückzahlen
Der Konzern hat Widerspruch gegen einen Steuerbescheid eingelegt und Recht bekommen: Die Stadtverwaltung rechnet mit einer Rückzahlung von 17 Millionen Euro plus Zinsen. Betroffen sind auch Jüchen und andere Kommunen.
GREVENBROICH/JÜCHEN Schlechte Nachrichten für die Kämmerer der Tagebau-Kommunen: Der Energiekonzern RWE fordert Millionenbeträge an Gewerbesteuer zurück. Betroffen ist auch Grevenbroich. Die Schlossstadt rechnet damit, 17 Millionen Euro und zusätzlich elf Millionen Euro Zinsen an den Konzern zurückzahlen zu müssen. Ein Bescheid des Finanzamtes steht noch aus. Der Hintergrund der Rückforderungen: RWE hatte Widerspruch gegen einen Steuerbescheid eingelegt, durch den der Konzern für die Jahre 2004 bis 2008 einen dreistelligen Millionenbetrag an Gewerbesteuer an verschiedene Tagebau-Kommunen nachzahlen musste. In der gerichtlichen Auseinandersetzung wurde dem Energiekonzern nun Recht zugesprochen.
Einige Tagebau-Kommunen erwischt das eiskalt. Mit zusammengerechnet 28 Millionen Euro trifft das auch Grevenbroich hart – aber nicht unvorbereitet: Wie Rathaus-Sprecher Stephan Renner mitteilte, hatte RWE bereits nach der Nachzahlung der Gewerbesteuer vor wenigen Jahren angekündigt, Widerspruch einzulegen. Damals sollen nachträglich 40 Millionen Euro allein nach Grevenbroich geflossen sein. „Das Geld ist aber nicht ausgegeben worden, sondern wurde zurückgestellt“, sagt Renner. Aus diesen Mitteln entnimmt die Stadt nun die in Teilen zurückgeforderte Zahlung: 17 Millionen Euro. Ärgerlich aus Sicht vieler Kommunen: Der saftige Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr, der für die Rückzahlung aus Grevenbroich zusätzlich mit etwa elf Millionen Euro zu Buche schlägt.
Abzüglich der 28 Millionen Euro Rückzahlung, mit denen die Stadt nun insgesamt rechnet, bleiben von den ursprünglichen 40 Millionen noch zwölf Millionen übrig. „Auch dieses Geld werden wir nicht einplanen, sondern zurückstellen“, kündigt Stephan Renner an. Es sei damit zu rechnen, dass weitere Fragestellungen offen sind. Die Stadt Grevenbroich wartet also auf eine abschließende Aussage, ehe sie das Geld in den Haushalt einplant.
Wahrscheinlich ist das ein kluges Vorgehen. Obwohl RWE bereits vor sechs Jahren angekündigt hatte, gegen die Gewerbesteuernachzahlung für die Jahre 2004 bis 2008 Widerspruch einzulegen, planten einige Kommunen mit dem Geld – und dürften nun vor finanziellen Problemen stehen. Auch die Stadt Jüchen „wird rückerstatten müssen“, heißt es im Rathaus, ein Bescheid sei aber noch nicht eingegangen. Im Gegensatz zu Grevenbroich hat Jüchen für den Fall einer Rückforderung „keine Rücklage gebildet“. Zur Höhe der Forderung einer Rückzahlung äußert sich die Verwaltung nicht. Nach Informationen unserer Redaktion rechnet man mit einem einstelligen Millionenbetrag.
Stark betroffen ist auch die Stadt Elsdorf im Rhein-Erft-Kreis. Dort dürfte mit Zinsen ein „mittlerer, einstelliger Millionenbetrag“als Rückzahlung fällig werden, wie Sprecher Robert Wassenberg bestätigt. In einer Mitteilung der Kommune ist von einer „finanziellen Hiobsbotschaft“die Rede. „Mitten im historischen Strukturwandel des Kohleausstiegs kämpfen Elsdorf und viele andere Städte um ihre Handlungsfähigkeit und Zukunft“, wird der Elsdorfer Bürgermeister Andreas Heller (CDU) zitiert: „Die nun angekündigte Gewerbesteuer-Rückzahlung in Millionenhöhe trifft uns unverschuldet mitten ins Herz.“Stadtkämmerer Hubert Portz verdeutlicht: „Die im Raum stehende Summe übersteigt unsere Rücklagen und bringt die Stadt unverschuldet in die finanzielle Handlungsunfähigkeit.“
Auch Grevenbroich braucht jeden Euro. Zu den Hintergründen, wodurch RWE in der Auseinandersetzung mit den Finanzämtern nun Recht bekommen hat, macht der Konzern keine Angaben. Sprecher Guido Steffen verweist auf Anfrage auf das Steuergeheimnis. Auch würden keine Angaben zu den einzelnen Kommunen gemacht.
Wie viel Gewerbesteuereinnahmen RWE der Stadt Grevenbroich pro Jahr bringt, fällt ebenfalls unter das Steuergeheimnis. An den rund 26 Millionen Euro, mit denen die Stadt für das Jahr 2021 an Einnahmen durch die Gewerbesteuer kalkuliert, dürfte der Energiekonzern jedoch einen stattlichen Anteil haben.