Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Bei einer Direktwahl hätte Baerbock die Nase vorn
Umfrage Fünf Monate vor der Bundestagswahl hat die Union einer neuen Umfrage zufolge stark in der Wählergunst verloren und wurde von den Grünen vom ersten Platz verdrängt. In der repräsentativen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey rutscht die Union auf 24 Prozent ab. Vor einer Woche waren es sechs Prozentpunkte mehr. Bündnis 90/Die Grünen kratzen derweil an der 30-Prozent-Marke (plus fünf Prozent zur Vorwoche). Anfang März lag die Union bei etwa 33 Prozent und die Grünen bei rund 20 Prozent.
Wahlziel CSU-Chef Markus Söder legte die Latte für die Union deutlich höher. „Es muss schon ein Ergebnis sein, das deutlich über 30 Prozent liegt – näher an 35 Prozent“, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Süddeutschen Zeitung“. Laschet sagte derselben Zeitung, erstes Wahlziel der Union müsse sein, „stärkste Kraft“zu bleiben. Bei der Wahl 2017 hatten die Schwesterparteien zusammen 32,9 Prozent erzielt.
Kanzlerfrage Laut einer Insa-Befragung für die „Bild am Sonntag“würden 30 Prozent Baerbock direkt wählen, Armin Laschet käme hingegen auf 18 Prozent. und Baerbock und CDU-Kandidat Armin Laschet vor sich hertreiben. Pflicht für seine Kanzlerschaft wäre mindestens Platz zwei bei der Wahl. Doch wirkt Scholz wie gefangen an der Seitenlinie. Eingebunden ins Regierungsgeschäft, spielt er noch nicht frei auf mit Positionen, für die er und die SPD stehen. Medial wird er viel Aufwand betreiben müssen, gegen Baerbock und Laschet anzukommen. Wenn beispielsweise die Wochenzeitung „Zeit“auf ihrem aktuellen Titel die Frage stellt „Sie oder er?“und nur Baerbock und Laschet zeigt, missfällt das den Wahlkämpfern im Willy-Brandt-Haus. Intern wächst der Druck, die Kanzlerkandidatur stärker in den Fokus zu stellen und keine große Hoffnung in das Regierungsgeschäft als Trumpf im Wahlkampf zu setzen. Während Baerbock eine Jubelwoche erlebte, musste Scholz im Wirecard-Untersuchungsausschuss aussagen. Um wieder in die Offensive zu kommen, pochte er am Wochenende auf einen Öffnungsfahrplan aus dem Lockdown, der im Mai stehen soll. Wie riskant solche Botschaften in der Pandemie sind, hat Scholz Anfang März erfahren, als er bis zu zehn Millionen Impfdosen pro Woche im April in Aussicht stellte und diese nicht kamen. Der Wahlkampf ist noch jung und Umfragen ungenau. Doch gerade für Scholz ist die Aufholjagd noch lang.
Unser Autor ist stellvertretender Leiter des Berliner Parlamentsbüros. Er wechselt sich mit Bürochefin Kerstin Münstermann und Elisabeth Niejahr, Geschäftsführerin der Hertie-Stiftung, ab.