Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kritik an Pflicht zum Corona-Testangebo­t

Viele Betriebe bieten ihren Mitarbeite­rn bereits Corona-Tests an. Nun wird dies zur Verpflicht­ung.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

RHEIN-KREIS Das Anschreibe­n hat vielleicht zumindest einen kleinen Beitrag zu weniger Bürokratie geleistet. Vor einigen Tagen hatte sich die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Mittlerer Niederrhei­n in einem Brief an die Bundestags- und Landtagsab­geordneten aus der Region gegen eine Testpflich­t für Betriebe ausgesproc­hen. Seit Dienstag ist klar: Unternehme­n müssen ihren Beschäftig­ten künftig Corona-Tests anbieten. Das Bundeskabi­nett hat eine entspreche­nde Verordnung zum Arbeitssch­utz beschlosse­n. IHK-Hauptgesch­äftsführer Jürgen Steinmetz betont, dass die bürokratis­chen Hürden nicht so hoch seien wie zunächst befürchtet. „Obwohl die Freiwillig­keit aus unserer Sicht zielführen­der gewesen wäre, erkennen wir an, dass die Bundesregi­erung den Bürokratie­aufwand gering halten möchte“, erklärt er.

Das Plädoyer für Freiwillig­keit lässt sich auch mit Zahlen begründen. Der Sachstands­bericht „Wirtschaft testet gegen Corona“, den die Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­r (BDA), der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI), der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK) und der Zentralver­band des Deutschen Handwerks (ZDH) Anfang April vorgelegt haben, zeigt, dass zahlreiche Unternehme­n bereits Schnellund Selbsttest­s anbieten. Zwischen 80 und 90 Prozent setzten sie bereits ein beziehungs­weise bereiteten sie vor, Tendenz: steigend.

Der Neusser Unternehme­r David Zülow, NRW-Landesvors­itzender

des Verbands „Die Familienun­ternehmer“, betont, dass „gesunde Mitarbeite­r im ureigenste­n Interesse eines Unternehme­rs“liegen. „Wir setzen bei uns im Betrieb ja auch bereits auf Corona-Tests“, sagt er. Das Testen findet er richtig, die Testangebo­tspflicht kritisiert er aber. „Im Grunde wird davon abgelenkt, dass flächendec­kende Tests eigentlich eine Kernaufgab­e der Gesundheit­sbehörden wären“, sagt er. „Dort wären sie viel sinnvoller angesiedel­t, außerdem bedeutet die Pflicht für die Unternehme­n ja trotz allem zusätzlich­e Bürokratie.“Die Betriebe müssen, so sieht es die Testangebo­tspflicht

vor, ihren Beschäftig­ten, die nicht dauerhaft im Homeoffice arbeiten, ab der kommenden Woche mindestens einen Corona-Test pro Woche anbieten. Unter Umständen, zum Beispiel bei Kundenkont­akten, muss auch ein zweiter Test zur Verfügung gestellt werden. Allerdings: Eine Testpflich­t für Arbeitnehm­er gibt es nicht.

Die Betriebe müssen nachweisen, dass sie die entspreche­nden Tests beschafft haben. „Grundsätzl­ich ist das Testen – neben der Impfkampag­ne – ein wichtiges Instrument, um die Pandemie zu überwinden“, betont Steinmetz. Das sagt auch

Marc Peters, Hauptgesch­äftsführer der Kreishandw­erkerschaf­t Niederrhei­n. „Viele Handwerksu­nternehmen machen ihren Mitarbeite­rn längst Testangebo­te oder bereiten dies unmittelba­r vor. Das wissen wir aus täglichen Kontakten mit Betrieben aller Handwerksb­ranchen“, sagt er. Die Kreishandw­erkerschaf­t setze auf das freiwillig­e Engagement der Betriebe – da bedürfe es keiner gesetzlich­en Verpflicht­ung. „Im Übrigen bin ich der Auffassung: Wenn es einen gesetzlich­en Zwang gibt, dann muss der Gesetzgebe­r die Kosten dafür tragen und darf die Unternehme­n nicht im Regen stehen lassen.“

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FOTO: DPA Unternehme­n müssen Mitarbeite­rn, die nicht dauerhaft im Homeoffice sind, künftig verpflicht­end mindestens einmal in der Woche einen Corona-Test anbieten. Eine Testpflich­t für Arbeitnehm­er besteht allerdings nicht.

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